Bossi: Ich würde sagen, dass ich nicht in Armut aufgewachsen bin, jedoch war das Geld bei mir in der Familie immer knapp bemessen, was ich auch immer dann gemerkt habe, wenn es um das Vergleichen mit anderen ging. Besonders in der Schulzeit war es sehr unangenehm, da man den finanziellen Status von einem anhand der Klamotten sehen konnte. Wer hat die neusten und coolsten Stuff, wer war an einem exotischeren Ort, wer bekommt den neuesten Roller? Alles Fragen, die einem auf das pubertäre Gemüt schlagen und die einen in die ein oder andere Krise stürzen können.
Heute bin ich froh, dass ich diese Zeit mehr oder weniger unbeschadet überstanden habe, vor allem durch die Zeit an der weiterführenden Schule. Als man sich nicht mehr über teure Gegenstände definiert hat, sondern die eigene Persönlichkeit für die Akzeptanz und das Wohlbefinden im Freundeskreis ausschlaggebend wurde.

Blue: Geld bestimmt eigentlich schon immer mein Leben, ich meine, von wem nicht?
Ich bin in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, meine Mutter hatte keinen Job und ihre Partner haben das meiste von ihnen selbst versoffen, sodass am Ende wenig für die Haushaltskasse übrig blieb. Das war dann schon relativ schnell ein Problem in der Schule, als würden Kinder sehen können, ob Eltern der anderen Kinder Geld haben oder nicht. Natürlich trug ich keine Markenklamotten wie die anderen Kinder… Trug tatsächlich stattdessen die alte Kleidung meines großen Bruders, welche mir viel zu groß und natürlich auch überhaupt nicht mein Stil war. Es fing schon damit an, dass wir zu Beginn jedes Schuljahres kaum alle Schulmaterialien beisammen hatten und Stifte noch von den Jahren davor benutzen mussten, der Wassermalfarbkasten hielt 4 Schuljahre, ohne dass tatsächlich die Farben auch ausgereicht hätten.
Ich kann manches Essen, das meine Mutter früher kochte, heute nicht mehr riechen. Jede Woche mindestens 2 mal Nudeln mit Hackfleisch und einer ekelhaften braunen Sauce, die noch dünner nicht hätte sein können.
Als ich dann in die Ausbildung kam, war es irgendwie ein ganz tolles Gefühl, das erste Mal eigenes Geld zu haben. 500€ waren echt ne Menge Geld. Lustig, weil ich heute nicht viel mehr habe, aber heute reicht es gerade so. Aber damals haben die Lebenshaltungskosten nur 150€ gekostet, da meine Mutter für alles gesorgt hat.
Ich war nie wirklich im Urlaub und wurde früher auch von meinen Freuden belächelt oder dumm angemacht, wenn ich mir es nicht leisten konnte ein Eis mit ihnen Essen zu gehen.
Meine Mutter hätte mir hier und da einen 5er zugesteckt, aber ich konnte das nicht einfordern. Ich wusste, wo es am Ende des Tages gefehlt hätte, für mich war Eisessen in der Stadt schlichtweg Geldverschwendung.
Mittlerweile sehe ich es als Luxus an, mal beim Bäcker einen Kaffee trinken zu gehen oder mal unterwegs etwas zu essen. Mittlerweile erlaube ich es mir auch manchmal und versuche dann zu schauen, wie ich den Rest des Monats über die Runden komme.
Ich würde gerne einmal richtig Geld sparen, um für ein Wochenende in den Urlaub zu gehen, auch wenn es nur paar Stunden weiter weg in Deutschland ist.

Buchstabenspielerin: Das Thema Geld ist für mich ein unwohles Gefühl im Magen. Es bestimmt in großen Teilen mein Leben, ist Ursache für viele Unsicherheiten und Zweifel bei mir.
Ich bin mir unsicher, wieviel ich ausgeben darf, weil alles so teuer geworden ist. Reicht es? Objektiv reicht es. Ich bin abgesichert, aber trotzdem rumort es in mir. Ich spare nicht nur, ich verwehre mir einiges und bin regelrecht geizig. Das Geld fühlt sich für mich sehr flüchtig an und ich messe ihm hohes Gewicht zu. Auch wenn ich aus gut verdienendem Elternhaus komme. Derzeit verdiene ich selbst noch kaum etwas, weil ich noch studiere.
Aber selbst wenn ich arbeite, wieviel bin ich wert? Darf ich mehr verlangen? Darf ich über Geld reden und z.B. im Praktikum Kollegen fragen wieviel Einsteiger verdienen?
Die Antwort ist ja und es ist wichtig, um eine faire und übliche Vorstellung zu bekommen. Doch Gehalt ist immernoch ein großes Tabu in meinem Kopf und ich baue mir selbst den PayGap, wenn ich hier nicht selbstbewusster werde.
Etwas verdienen, sich etwas leisten und für die eigene Familie aufkommen zu können. Mich hier in der Wertigkeit einzuordnen ohne meinen Selbstwert nur daran aufzuhängen, finde ich wirklich schwer.
Neben Sparen und Sicherheit, sowie die Wertigkeit der eigenen Arbeitskraft ist da die Unabhängigkeit. Das ist für mich ein großer Stein zum Erwachsen sein. Als Masterstudent noch hauptsächlich von den Eltern bezahlt zu werden, fühlt sich langsam unrund an für mich. Hier gibt es einigen Klärungsbedarf für mich selbst, mit mir selbst und dem lieben Geld.

Sky Walker: Nachdem ich jetzt zum 38. Mal ansetze, ein paar Zeilen zum Monatsthema zu schreiben, komme ich zu dem Schluss, dass mich Geld einfach nur abf**kt. Schon in meiner Kindheit hat Geld bzw. das Fehlen von Geld eine riesengroße Rolle gespielt. Ich glaube, ich wusste schon was „das Ende des Monats“ bedeutet, bevor ich des Lesens und Schreibens mächtig war. Das Thema Geld hat mich so sehr geprägt, dass es heute eng mit dem Gefühl von Angst und Unsicherheit verbunden ist – unabhängig davon, ob ich mit ner 40h-Stelle im Krankenhaus relativ „gut verdient“ hatte oder während meines Breakdowns 9 Monate lang Hartz IV bezog. Immer sitzt die Angst im Nacken, dass es plötzlich „alle“ ist, ich mich verschulde und ich auf der Straße lande. Da ich dazu neige, meinen latenten Kontrollzwang auch über meine Finanzen auszuagieren, drehen sich viele meiner Gedanken darum, Geld zu verdienen, welches zur Seite zu legen und nur das Nötigste zu kaufen – man weiß ja nie, was kommt. Alles für ein vermeintliches Sicherheitsgefühl. Unsere Gesellschaft – besser gesagt unser System – trägt natürlich ordentlich dazu bei (ja, ich bin kapitalismuskritisch). Geld verdienen zu müssen, ist eine der vielen Fußfesseln unseres Daseins. Wer wenig hat, braucht mehr; wer viel hat, will (meistens) noch mehr. Verderblich. Ein Fass ohne Boden; nach oben ist immer noch Luft. Geld prägt unsere Werte und ist die Voraussetzung für so vieles im Leben. Frei nach dem Motto „Haste was, biste was, haste nix, biste nix“. Das kann nicht gut sein. Es vernebelt unsere Sicht auf die wirklich wichtigen Dinge, macht uns abhängig und krank. Einfach nur Nonsens, oder besser gesagt: einfach nur abf**k!

Gastautorin Phönix: Geld bestimmt leider einiges im Leben, wie man lebt und was man sich leisten kann.
Ich bin mit Geldknappheit aufgewachsen – es hieß immer: “Wir müssen jeden Cent 10 mal umdrehen!!” Nie konnten wir uns was leisten, kein Urlaub, kein Umzug in eine nicht von Schimmel befallene Wohnung etc., außerdem war das eine Ursache für ständige Streitereien in der Familie.
Aus meiner Kindheit habe ich gelernt sehr auf mein Geld aufzupassen und immer darauf zu achten, dass ich keine Schulden machen muss, seien es jetzt Leihgaben oder Kredite.
Ich habe gelernt mit dem Nötigsten auszukommen, wenngleich ich jemand bin, der sich auch gerne was gönnt und schöne Dinge mag und nicht gern aufs Geld gucken will.
Trotz aller Vorkehrungen, auf das eigene Geld aufzupassen und immer einen “Notgroschen” parat zu haben, passiert es natürlich, dass die Kacke mal am dampfen ist. In diesen Zeiten merkt man, dass es trotzdem immer irgendwie geht. Man wird dementsprechend kreativ, dennoch ist das kein Dauerzustand. So hab ich es zumindest erlebt, Dritter des Monats und das Konto steht auf Null und die Miete ist noch nicht gezahlt, da kann man schon mal Existenzängste bekommen. Und oft ist das aber noch lange kein endgültiges Urteil. Irgendwie geht’s immer!!
Es ist traurig, dass ein paar Stücke Metall und Papier vermeintlich unser Leben beherrschen. Ich versuche immer, das keine große Rolle spielen zu lassen, gerade im freundschaftlichen Aspekt. Da bin ich froh, Menschen getroffen zu haben, die das genauso sehen und falls einer in der Gruppe mal blank ist, wird sich ausgeholfen und das kommt auch zurück, denn witzigerweise wechselt die Rolle des Blanken immer durch.

(Das Beitragsbild wurde mithilfe der KI Midjourney erstellt)

Autor*in: Alle zusammen

Wir sind die Blogautor*innen von Lebensmutig. Wir schreiben über unsere Erfahrungen mit Selbsthilfe, über unsere Erkrankungen und Themen und über die Herausforderungen, die wir bewältigen. Manchmal diskutieren wir untereinander über Themen, die uns gerade auf den Nägeln brennen. Dann dokumentieren wir das unter diesem Profil in einem besonderen Beitrag.

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