Option A oder B? Vielleicht aber auch C? Warum eigentlich nicht D oder gleich das ganze Alphabet? Von jedem Buchstaben ein bisschen? So dass keiner zu kurz kommt. Könnte ja auch sein, dass ich mich falsch entschieden habe. Könnte ja sein, dass ich den für mich Kürzeren ziehe. Mal hier ein Stückchen, Mal dort klein wenig. Nur nicht zu viel, damit noch genug Zeit für etwas anderes bleibt. Ach, es gibt ja noch die Sonderzeichen. Gleich mal auch welche davon mitnehmen?  Ja! Warum nicht?! Wenn wir schon dabei sind, auch die Zahlen nicht vergessen. So viele Optionen, so wenig Zeit, viel zu viel Entscheidungsfreiheit.
Dieses oder ein ähnliches Gespräch läuft gefühlt immer in meinem Kopf ab, wenn ich mich für etwas entscheiden muss. Angefangen beim Heraussuchen einer Radstrecke für die bevorstehende Tour. Fortgesetzt beim Aussuchen einer Serie für den Abend. Nicht ein Ende nehmen wollend, bei der banalen Wahl des Joghurts aus dem Kühlregal für das Frühstück am nächsten Morgen. 
Habe ich zu viele Optionen, zwischen denen ich wählen kann, bin ich irgendwie überfordert, handlungsunfähig, paralysiert. An sich ist es ja eigentlich was Schönes, viele Entscheidungsmöglichkeiten zu haben. Ein echtes Privileg ist das, und doch macht es mich irgendwie fertig, so dass ich erst recht mich durch meine Paralyse dazu entscheide, mich nicht entscheiden zu müssen. Freiheit ist an sich ja was schönes und eigentlich liebe ich es, frei zu sein. Warum fühlt es sich dann so an, als ob ich zu dieser verdammt wäre? Als würde mich diese einschränken, einen Druck auf mich ausüben, mir regelrecht die Luft abschnüren?
Auf der einen Seite ist es bei mir die FOMO, die in solchen Situationen heftig reinkickt. Was, wenn ich die Option, für die ich mich entschieden habe, im Nachhinein bereuen werde und eine der vielen anderen Möglichkeiten doch besser gewesen wäre? So sitze ich da, und grüble so vor mich hin, was denn besser wäre. Wo ich den größtmöglichen Ertrag für mich herausziehen könnte. Wo das meiste für mich rausspringen würde. Ein beständiges Leben im Konjunktiv. So dass ich mich letzten Endes dafür entscheide, mich nicht zu entscheiden zu müssen oder alles so lang hinauszuzögern, bis mir jemand und sei es nur die Zeit selbst, diese Entscheidung abnimmt.
Bin ich dann mit dem Ergebnis unzufrieden, kann ich es schön auf die externen Faktoren schieben. Die sind schuld, dass ich jetzt so unzufrieden bin. Hätte ich bloß mehr Zeit gehabt, wäre ich am Ende deutlich zufriedener.
Als ob! Ich hätte mich vielmehr weiter damit gequält, mich entscheiden zu müssen. Nur eben länger.
Ich glaube, dass hier auch wie sagt man das nochmal … der Hase im Pfeffer oder war es der Hund, der begraben liegt? Vielleicht doch, des Pudels Kern oder der springende Punkt ist?
Kurzum, es ist eine Art von Angst. Nicht unbedingt nur die Angst, etwas zu verpassen, vielmehr die Angst, bei dem, wofür ich mich entscheiden habe zu scheitern. Was, wenn ich doch nicht so gut in dem bin, von dem ich glaube, dass ich es kann? Was, wenn sich herausstellt, dass das, was ich von mir denke, nicht stimmt? Und vor allem was, wenn nicht nur mein Selbstbild, sondern auch mein öffentliches Bild damit Risse bekommt? Wer bin ich dann?
Natürlich hat die Wahl des Frühstücksjoghurts, die Wahl der Serie für den Abend oder die Planung einer Radtour nicht direkt etwas mit mir und meinem Selbstbild zu tun. Jedoch zieht die Angst, sich im Großen falsch zu entscheiden, bis in die kleinsten Kleinigkeiten seine Kreise. Ein tief verwurzeltes Muster, das sich auf das gesamte Leben auszuwirken scheint.
Ich glaube, dass ich in diesem Punkt, einfach lernen muss, mehr auf mich zu vertrauen und mir mehr zuzutrauen. Auch wenn ich Mal scheitern sollte, heißt es noch lange nicht, dass ich daran zu Bruch gehe. Und was die anderen angeht… fuck off. Die sind wahrscheinlich selbst alle mit der eigenen Imagepflege beschäftigt und haben nicht die Kapazitäten, über mich nachzudenken.
Letzten Endes sind es doch die getroffenen Entscheidungen, die mein Selbstbild von mir formen und nicht das Warten darauf, dass für mich entschieden wird. 

(Das Beitragsbild wurde mithilfe der KI Midjourney erstellt.)

Autor*in: Bossi

Ich möchte meine eigene Gruppe etwas anders angehen und die üblichen Runden einer Selbsthilfegruppe mit ein paar innovativen Methoden etwas beleben. Über eben diesen Einsatz von Methoden in der Selbsthilfe, meine Erfahrungen damit und meine persönliche Suchtgeschichte möchte ich im Blog berichten und mich darüber austauschen.

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