…, dass bereits Oktober 2013 Endometriose festgestellt wurde und von Ärzten ‚verschwiegen‘ wurde.

Ich sortiere meine Unterlagen, da ich mich in einer anderen Klinik vorstellen möchte und diese gerne alle relevanten Entlassbriefe und sonstige Befunde haben möchte. „Histologie: 1. Ein zystisch konfiguriertes, weißlich-bräunliches, 1x 0,8 x0,2cm mess. Resektat, in toto.“ Meine Alarmglocken klingeln. Irgendwie kommt mir das bekannt vor. So etwas, oder etwas ähnliches, habe ich schon mal gelesen! Mein Verdacht: Endometriose. Bitte sag mir nicht, dass es damals bereits ein kleiner Endometrioseherd war. BITTE! Ich blättere die Seite um, lese den histologischen Befund „grundsätzlich vereinbar mit einem kleinen Endometrioseherd.“ Also hatten meine Alarmglocken recht.
Ich bin schockiert. Wie konnte es nicht mit mir besprochen werden? Wieso wurde es nicht der Frauenklinik mitgeteilt, als ich mich erneut als Notfall vorstellte? Erstmalig mit Fieber und Krämpfen bei meiner Periode. Es mag ein Zufall gewesen sein, dass zum Beginn meiner Periode sich mein Zustand so verschlechterte, aber aufgrund des neuen CT-Befunds fand ein gynäkologisches Konsil statt. Es wurden eingeblutete Zysten gefunden. „Ach, Zysten sind normal. Die hat jede Frau. Die platzen normalweise bei der Periode. Diese platzen sicherlich bei der Nächsten.“ – Spoiler: Diese Zysten sind nicht geplatzt, sie sind weiter gewachsen. – Die Gynäkologen wussten offenbar nichts von dem histologischen Befund und schätzten somit meine gynäkologischen Befund als unbedenklich bzw. alles tutti ein.

Diese Fehleinschätzung und das ‚Vergessen‘ des Endometrioseherds hatte für mein Leben Folgen. Von diesem Zeitpunkt an wurden monatliche Notarzteinsätze unumgänglich, da ich so heftige und plötzliche Beschwerden hatte, dass ich nicht einmal transportfähig war. Bei meiner Vorgeschichte landete ich das ein oder andere Mal zugedröhnt im Schockraum. Meist kaum ansprechbar. Erst als die Bauchfellentzündung weiter abgeklungen war, wurde allen klar, dass es ein gynäkologisches Problem sein musste. Die Symptome traten aus dem Nichts mit dem Einsetzen der Blutung auf. Monat für Monat. Ich entwickelte allmählich eine Angst, nahezu ein panikartiges Verhältnis zu meiner Periode. Nach mehreren Monaten wusste mein Kopf ‚Wenn jetzt deine Periode einsetzt, wird wieder jemand für dich den Notruf wählen müssen‘. Als die Ärzte begonnen zu verzweifeln, sollte ich die Pille nehmen. Sie wurde damals zu meinem Wundermittel – mit einer tiefen Abhängigkeit und einer monströsen Angst diese jemals abzusetzen. Niemals hätte ich freiwillig Hormone abgesetzt, die mir ermöglicht haben wieder an meinem Leben teilzunehmen.

Und ja, Ärzte sind Menschen. Ärzte machen Fehler. Selbst den führenden Kliniken in Deutschland passieren Fehler. Das ist menschlich! Aber wie kann es sein, dass es nie auch nur einer Person in diesem System aufgefallen ist?
Ich denke, es ist ein Rattenschwanz gewesen, der aus einem scheinbar kleinen Fehler entstanden ist. Vielleicht wurde der Histo-Befunde nie richtig gelesen. Vielleicht hat sich die chirurgische Klinik nicht für gynäkologische Zufallsbefunde interessiert. Vielleicht ist es im Alltagsstress untergegangen. Vielleicht wurde Endometriose zu diesem Zeitpunkt noch stärker unterschätzt.
Das Vielleicht wird vermutlich niemals zu einem ‚So ist es passiert‘. Aber was mich schockiert: Ich fühle mich als Patient in die Verantwortung gestellt mich selbst befunden zu müssen, alles zu kontrollieren, damit solche Fehler nicht passieren können oder sich zumindest nicht wiederholen. Aber ich verfüge über solch eine Kompetenz nicht und möchte mich selbst nicht befunden müssen!

Autor*in: Dickdarmlos

Tabus sind ein Teil unserer Gesellschaft. Verdauungsorgane, insbesondere der Darm, und die Menstruation sind immer noch Tabuthemen. Es gilt als ekelig oder unrein. Man möchte nicht darüber sprechen und erstrecht nichts darüber hören. Doch was ist, wenn du mit einer Genmutation auf die Welt kommst, der Darm früher oder später in den Mittelpunkt deines Lebens rückt, und das Leben dir obendrauf noch eine gynäkologische Erkrankung schenkt? Hier beim Lebensmutig Blog berichte ich über mein Leben mit Familiärer Adenomatöser Polyposis (FAP), Endometriose und den psychischen Folgen.

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