Was gibt es schöneres als die Prüfungszeit zwischen Krankenhaus, restlichen Umzugchaos und Schwäche zu verbringen?

Samstag ging es wieder los. Mir war etwas mulmig im Bauch. Sicherheitshalber nahm ich Medikamente gegen Übelkeit, Krämpfe und Schmerzen. Recht zügig verschlechtere sich dennoch mein Zustand. Ich kauerte im halben Kopfstand mit den Knien untern Bauch und den Hintern in der Luft. Oftmals die einzige Position die ich aushalten kann. Durch die Medikamente wurde ich müde, konnte mich nicht mehr halten und ließ mich durch Kissen in dieser Position stabilisieren, weil ich die Seitenlage noch nicht aushalten konnte. Irgendwann ließen die Krämpfe nach, ich legte mich mit Kissen vor die Brust geklemmt hin und schlief ein.
Nach 2 oder 3 Stunden wurde ich wach. Ich wusste nicht wie es mir geht und ging kurz auf Toilette. Als ich mich wieder hinlegte wurde mir schlecht. Ich holte mir eine Tüte. Die Übelkeit nahm zu, mein Bauch wurde dick und hart. Ich rannte x Mal zum Klo – nichts.
Ich überlegte, ob ich ins Krankenhaus will und wenn in welches. Wenn ich abwarte bis ich auf einen RTW angewiesen bin, käme ich nicht in das Krankenhaus wo ich erst kürzlich lag. Dort war aber die Chance zeitnah aufgenommen werden am größten. Also weckte ich um kurz vor Mitternacht meine Mutter und fragte, ob sie mich in das Krankenhaus fahren würde. Sie zog sich an, ich zog mir ebenfalls etwas über. Und als ich im Bad stand, ging die Kotzerei los.
Mit mehreren Tüten bewaffnet setzte ich mich ins Auto. Innerhalb von ca. 25 Minuten waren wir am Krankenhaus. Die Fahrt überstand ich gut. Ich musste nur darauf achten nicht die Orientierung zu verlieren. In der Notaufnahme legte ich mich auf die Stühle. Das Personal brachte mir Schalen, wo ich reinbrechen kann. Nach wenigen Minuten wurde ich in den Behandlungsraum gerufen. Der Arzt war sofort da, erkundigte sich um das Gröbste und nahm mich aufgrund der Vorgeschichte sofort auf.
Nach circa 1,5 Stunden kam ich auf Station. Ich war erleichtert, da die Nachtschwester mich kannte und sehr lieb war. Ich stand langsam auf, um ins Zimmer zu gehen. Kaum saß ich auf dem Bett kotze ich buchstäblich im Strahl. So extrem habe ich noch nie erbrochen. Ich war schockiert, weil Erbrochenes in meinen Nebenhöhlen landete. Ich machte das Kopfteil im Bett hoch, legte mich rein. Stets mit einer Kotzschale bewaffnet.
Die Nacht war grausam. Ich weiß nicht wie oft ich erbrach, wie oft ich klingelte und wie oft ich Infusionen mit diversen Medikamenten angehangen bekam. Ich war fertig mit der Welt, hätte weinen wollen, aber ich war so k.o., dass ich es nicht konnte. Nicht mal rumjammern konnte ich. Mein gesamter Darm entleerte sich über den oberen Ausgang – Magen, Speiseröhre, Mund. Ich vegetierte die Nacht einfach vor mich hin.
Am Morgen, es müsste noch vorm Dienstwechsel gewesen sein, standen mehrere Krankenpfleger bei mir. Ich weiß nicht wer oder wie viele. Der Frühdienst war anscheinend darüber erstaunt, wie schlecht es mir trotz diverser Medikamente ging. Ich wurde gefragt was ich für Medikamente brauche, welche Beschwerden ich habe. Ich wusste es nicht. Ich wusste nicht, ob die Bauchkrämpfe die Übelkeit auslösen oder die Übelkeit die Bauchkrämpfe. Mir wurde nochmals etwas gegen Übelkeit angehangen. Die wie viele Infusion dagegen war das wohl? Circa 12 Stunden war ich am Erbrechen, dann wurde es endlich besser. Mir wurden Opiate gegen die Schmerzen angehangen. Die Zeit verging wie im Flug. Ich bekam kaum etwas mit. Schlafen konnte ich aber auch nicht.
Am Mittag – glaube ich zumindest – bekam meine Bettnachbarin Besuch. Mir ging es immer noch nicht gut, aber besser. Ich wollte von Essen nichts wissen, konnte aber schon ein paar wenige Schlucke Tee und Wasser trinken. Meine Bettnachbarin sprach ununterbrochen über Essen. Ich war zu schwach, um darum zu bitten über etwas anderes zu reden. Es widerte mich an. Ich würgte und erbrach erneut. Irgendwann begriffen sie, dass ich fertig mit der Welt bin und Ruhe brauche. Sie gingen raus und ich hatte einige Minuten meine Ruhe.
Über den Tag wurde es allmählich besser. Essen wollte ich noch nicht. Nachmittags bat ich um ein Wassereis. Ich brauchte einfach ein klein bisschen Geschmack und Zucker. Ich trank bis zum nächsten Mittag einige Tees mit Zucker. Ich mag Tee mit Zucker gar nicht gerne, aber mein Körper brauchte es.
Am folgenden Tag stabilisierte sich mein Zustand weiter. Ich aß ein paar Löffel Joghurt und Pudding und abends eine Scheibe Brot. Ich hatte noch Bauchkrämpfe, aber es ließ sich meist aushalten. Ich wusste, dass ich essen muss, damit mein Darm sich wieder beruhigt. So war es dann auch.
Ich fühlte mich nicht gut, aber besser. Ich lief ein wenig herum, war vollkommen übermüdet und schlief in 4 Nächten insgesamt maximal 8 Stunden. Etwa 20 Stunden am Tag verbrachte ich im Aufenthaltsraum. Abends legte ich mich mit Decke und Kissen dort rein, schaute Serien oder beschäftigte mich anderweitig. Das nicht-schlafen belastete meine Nerven sehr. Ich wurde innerlich unruhig und aggressiv. Ich wollte wegen der Hitze noch im Krankenhaus bleiben. Da ich aber dank meiner Bettnachbarin nie zur Ruhe kam, war dort bleiben auch keine Option.

Seit gestern bin ich nun bei meiner Mutter. Mein Zustand spricht aktuell für Elektrolytmangel – vermutlich fehlt es mir an Kalium. Das würde auch zu der Entwicklung meines Blutbildes (dem Kaliumwert) passen. Also heißt es nun den Elektrolythaushalt stabilisieren und irgendwie die 40/41 Grad unterm Dach überleben.

Autor*in: Dickdarmlos

Tabus sind ein Teil unserer Gesellschaft. Verdauungsorgane, insbesondere der Darm, und die Menstruation sind immer noch Tabuthemen. Es gilt als ekelig oder unrein. Man möchte nicht darüber sprechen und erstrecht nichts darüber hören. Doch was ist, wenn du mit einer Genmutation auf die Welt kommst, der Darm früher oder später in den Mittelpunkt deines Lebens rückt, und das Leben dir obendrauf noch eine gynäkologische Erkrankung schenkt? Hier beim Lebensmutig Blog berichte ich über mein Leben mit Familiärer Adenomatöser Polyposis (FAP), Endometriose und den psychischen Folgen.

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