Eine brachliegende, dunkle Landschaft. Nicht genauer zu erkennen. rot-braune Wolken mit dem Durchbruch der Sonne am Himmel. Eine dunkle Person steht mittig in einer großen Pfütze.

Weiterleben. Nachdem 2021 von Behandlungsfehlern, medical Gaslighting und Gewalt begleitet war, versuchte ich weiterzuleben. Tag für Tag holte ich das Beste raus. Lernte neue Leute kennen und versuchte mich neu zu orientieren. Ich kämpfte um mein Studium, widersetze mich Diskriminierung und machte meinen Mund auf. Der Versuch weiter zu studieren scheiterte – vorerst. Es war für mich okay, da ich vieles zu verarbeiten hatte. Mein Ziel war einfach nur in mein Leben zurückzufinden. Doch meine Gesundheit wackelte. Schließlich verschlechtere sie sich.

Überleben. Ende 2021 und Januar 2022 hatte ich ein Einbruch – wegen starker Schmerzustände. Bis 2022 eine weitere OP auf meinen Wunsch durchgeführt wurde, war es ein einziges Überleben. Alleine. In meiner Wohnung gefangen. In meinem Bett. Unter starken Schmerzmitteln. Die OP sollte schneller als gedacht, im Februar stattfinden. 2 Tage vor stationären Aufnahme kam der Anruf vom Krankenhaus: „Wir müssen Ihre OP leider absagen. Ihr Chirurg ist erkrankt. Wir wissen nicht wie lange.“ Zusammenbruch. Die OP, die mir so viel Hoffnung gab zu überleben war abgeblasen. Auf unbestimmte Zeit. Wieder warten. Allein. In meiner Wohnung gefangen. In meinem Bett. Unter starken Schmerzmitteln. Irgendwann kam eine Mail mit einem voraussichtlichen OP-Datum. Die Hoffnung flammte gemeinsam mit der Angst auf. Noch eine Absage verkrafte ich nicht. Zu schlecht ging es mir körperliche und psychisch. Doch es klappte! Auf dem Klinikgelände brach ich einen Tag vor der OP zusammen. Zu schwach war mein Körper. Er war nur noch am Überleben. Um so glücklicher war ich, als ich am Folgetag operiert wurde. Die OP verlief besser als erwartet. Ich konnte am 11. postoperativen Tag nach Hause. Weitere 4 Wochen später in Anschlussheilbehandlung. Ich erholte mich viel schneller als gedacht. Konnte wieder raus gehen, diversen Sport machen und sogar kleine Strecken im bergigen Umland wandern. Wundervoll!
Doch so sollte es nicht bleiben. Einige Monate später ein erneuter Einbruch. Ich lag Tage lang im Flur meiner Wohnung. Hatte kaum Kraft aufzustehen, keine Kraft zu essen. Der Arztmarathon ging weiter, da ich mich von diesem Einbruch nicht mehr erholte. Bis heute nicht! Diagnose: ME/CFS, Myalgische Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome. Eine schwere neuroimmunologische Erkrankung, die unter anderem zu einer stark verringerten körperlichen Belastbarkeit sowie zu schweren Symptomen wie besonders ausgeprägter Schwäche, Schmerzen und Grippesymptomen nach körperlichen Belastung führt. Bis heute hoffe ich auf eine Fehldiagnose… Folglich ist mein Leben stark eingeschränkt. Nichts ist mehr selbstverständlich. Ich bin wieder gefangen. Allein. In meiner Wohnung.
Januar 2023 endete mein Krankengeld. Somit musste das Arbeitsamt ein Gutachten erstellen, um meine Leistungsfähigkeit zu beurteilen. Es häuften sich Fehler der Behörden: Ein Fehler beim Jobcenter, mehrere Fehler beim Arbeitsamt. Ich stand ohne Geld da, bei angeblich uneingeschränkter Leistungsfähigkeit. Ein psychischer Zusammenbruch folgte. Überfordert mit der Bürokratie Deutschlands und der Fehler der Behörden, wandte ich mich an eine Psychiatrie. Ich weiß nicht, was mir mehr Angst machte – die Klinik, was meiner PTBS zu schulden ist, oder der Existenzbedrohnung auf verschiedenen Ebene. Wie ein scheues Reh, dass erschrickt, sobald es einen Menschen sieht, fühlte ich mich. Ich gab dieser Klinik eine Chance, doch ich war an eine Klinik geraten, die ihre eigene Kompetenzgrenzen nicht kennt. Folglich verschlechterte sich mein Zustand. Dissoziative Krampfanfälle häuften sind. Sie ließen mich auskrampfen. Jedes Mal! Höllische Schmerzen. Ausgeliefert sein. Meine PTBS wurde angefeuert. Ich flog schließlich aus der Klinik, da ich der Psychologin nicht vertraute. Panisch. Am Rande meiner Kräfte. Hausarzt – Freunde – nächste Psychiatrie – geschützte Station – Krampfanfälle. Schnell wurde ich auf die richtige Station gelegt. Durch meine Vorerfahrung hatte ich mehr Angst denn je. Ich konnte niemandem Vertrauen. Hinterfragte alles. Zweifelte an mir selbst. Brauchte lange, um mich einzugewohnen. Doch durch ein sensibles Team, viele Gespräche und eine tolle Psychotherapeutin, reduzierte sich meine Angst und wir konnten an meiner Stabilisierung arbeiten. Nach 9,5 Wochen konnte ich entlassen werden. Stabilisiert.
Danach? Das Nachholen vieler Arzttermine, einige planmäßige Krankenhausaufenthalte und kein Durchatmen. Weiterhin stehe ich im Schatten dieser Bürokratiemühle. Habe nach über 7 Monaten endlich ein korrektes Gutachten erzielt. Nun werde ich weiter zwischen den Behörden rumgeschubst: Jobcenter, Arbeitsamt, Rentenversicherung und irgendwann kommt noch das Sozialamt dazu sowie sicherlich Streitigkeiten mit der Krankenkasse. Wie soll man da „gesund werden“?

Leben? Wann kommt der Wechseln vom Überleben ins Leben? Ich erwarte nicht gesund zu werden. Ich erwarte es nicht voll belastbar zu werden. Doch ich wünsche mir Ruhe. Ruhe von den Behörden. Ruhe von der Bürokratie – oder zumindest der Masse an bürokratischer Herausforderungen. Ich wünsche mir Ruhe, um mich neu sortieren zu können und das Beste aus meinem Leben zu machen. Ganz egal wie das aussehen wird. Aber ich will wieder leben!

Autor*in: Dickdarmlos

Tabus sind ein Teil unserer Gesellschaft. Verdauungsorgane, insbesondere der Darm, und die Menstruation sind immer noch Tabuthemen. Es gilt als ekelig oder unrein. Man möchte nicht darüber sprechen und erstrecht nichts darüber hören. Doch was ist, wenn du mit einer Genmutation auf die Welt kommst, der Darm früher oder später in den Mittelpunkt deines Lebens rückt, und das Leben dir obendrauf noch eine gynäkologische Erkrankung schenkt? Hier beim Lebensmutig Blog berichte ich über mein Leben mit Familiärer Adenomatöser Polyposis (FAP), Endometriose und den psychischen Folgen.

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