In diesem gemeinsamen Blogbeitrag wollen wir mit euch teilen, was Ungewissheit für uns bedeutet. Und wir sind gespannt, was eure Gedanken dazu sind. Schreibt es uns gerne in den Kommentaren.

HighHopesInBlueSkys: Ungewissheit, ich denke in der momentanen Zeit ein sehr präsentes Thema. Wenn ich an Ungewissheit denke, kommen mir schnell eher schwierige Themen, innere Fragen und Zukunftssorgen in den Sinn. Bevor ich die Ungewissheit aber in diesem Sinne näher betrachte, möchte ich sie auch mal aus einem anderen Blickwinkel anschauen. Was mir dazu als erstes einfällt, ist die freudvolle Ungewissheit beim Öffnen eines Geschenkes; dann der kleine Moment, wenn das Handy klingelt, bis ich mit einem Blick auf’s Display weiß, ob ich mich über den/die Anrufer_in freue; in guten Zeiten auch eine angenehme Neugier, was das Leben noch Spannendes für mich bereithalten wird, was ich noch entdecken und entwickeln darf; die Vorfreude auf einen Urlaub, auch wenn noch ungewiss ist, was ich dort alles erleben werde … und es gibt sicherlich noch eine Menge an Aspekten, in denen die Ungewissheit sich auch mal ohne negativen Beigeschmack zeigen kann.
In meinem Leben herrscht derzeit sehr viel Ungewissheit: Ungewissheit, wie es mit meiner Arbeit weitergeht bzw. wie lange noch, Ungewissheit bezüglich meiner psychotherapeutischen Situation, Ungewissheit bezüglich Perspektiven in der Zukunft, Ungewissheit wie es mit meiner Erkrankung und Gesundung weitergeht, Ungewissheit bezüglich gesetzlichen Regelungen in der Corona-Situation, die mich gleich in zwei Ländern betreffen, derzeit jeden Tag Ungewissheit, in welcher Verfassung ich aufwache, ob und wie ich den Tag meistere und wie der Abend und die Nacht werden, …
Früher bzw. noch vor Kurzem sah ich Ungewissheit als puren Feind. Alles Ungewisse, das auf mich zukam, machte mir einfach nur fürchterlich Angst und löste eine innere Stresswelle nach der anderen aus. Seit Kurzem kann ich mehr im Vertrauen verweilen und gewisse Ungewissheiten mit mehr Ruhe und sogar einem leichten neugierigen Nervenkitzel sehen. Ich hatte eine deutlich bessere Phase, gefolgt von aktuell wieder einer schwierigen und dennoch ist etwas besser: Im Vertrauen bleibt eine zarte Grundsicherheit erhalten. Und ich freu mich erst mal über diesen Teilerfolg.
Ich bin gespannt, was Ungewissheit für euch und in eurem Leben bedeutet, was euch für Assoziationen und Gedanken dazu kommen.

Blue: es freut mich sehr, das HighHopesInBlueSkys die Ungewissheit auch positiv betrachten kann. Mir fällt das die meiste Zeit viel zu schwer. Ich kann mit Ungewissheit nicht umgehen, ich male mir immer das schlimmste aus, oder mache mir viel zu viele Gedanken, sodass ich kaum still sitzen kann. Ich fühle mich so angespannt und rastlos. Nichtmal wenn mir jemand etwas schenken will, fühle ich mich schlecht wenn ich nicht weiß was es ist. Ich fühle mich direkt schlecht und kann nicht anders als ununterbrochen darüber nachdenken was es sein könnte und überlege direkt wie ich es zurückgeben kann. Dann geht auch direkt das Gedankenkarusell los.

Kämpferin: Das was Blue beschreibt kenne ich nur zu gut wie z.B. wenn ich etwas mit einer Person klären möchte, aber abwarten sollte bis ich sie spontan sehe. Ich möchte dass hinter mir bringen. Wie wird sie reagieren? In sozialen Situationen finde ich es schwierig um Sachen ungewiss zu behalten. Trotzdem lässt mich Ungewissheit auch an manchen Stellen eher ruhig. In meinem jetztigen Leben sind viele Ungewissheiten: Wie wird die neue Klasse sein? Werde ich da akzeptiert? Wie wird es mit meinem Arm weiter gehen (Nerv eingeklemmt)? Wie wird der Hund sein, bekommen wir es diesmal mit der Erziehung hin? Muss er wegen dem Nabelbruch operiert werden? Werde ich im September die Gürtelprüfung (Schwarz in Taek Won Do) schaffen? u.v.m. In anderen Situationen freue ich mich sogar, dass ich noch ungewiss bin wie z.B. wenn ich Geburtstag habe: Was werden die mir schenken? Also bei mir ist es sehr unterschiedlich je nach dem wie die Situation ist.

Buchstabenspielerin: Ungewissheit – danke für den Themenvorschlag. Im Moment weiß ich leider nicht wie der nächste Tag emotional bei mir aussieht. Diese Instabilität und die Ungewissheit dabei, mit Blick auf den nächsten Moment nagt an mir und zieht mir manchmal die Beine weg. Für die wenigen Eckpunkte wie Klausuren und Familientreffen bin ich dankbar. Ich finde Ungewissheit erstmal immer schlimm – als Jugendliche philosophierte ich schon, dass Ungewissheit schlimmer ist als eine schlimme Gewissheit. Ob das stimmt? Gerade ist es einfach schwer, ich weiß auch nicht wann ich die Kraft habe wieder einen eignen Blogeintrag zu schreiben – und dass obwohl mir das gut tut. Ungeduld ist leider auch kein Guter Ratgeber, wenn man Ungewissheit entgegen blickt. Zumindest hab ich einen Rahmen, der mir Sicherheit gibt und einen Plan wies weiter geht. Das ist schon viel wert. Ich mache weiter Therapie, ich werde meinen Master machen, ich habe eine tolle Wohnung etc. Ungewissheit bedeutet für mich eine schwarze Leere in die ich blicke und wenn die Zeit fortschreitet auch gehen muss. Ich brauche Mut und Hoffnung, dass da eine Straße ist, die mich trägt. Dankbar bin ich für jedes Licht darin. Lichter in der Ungewissheit sind Menschen auf die ich mich verlassen kann, die mit mir z.B. etwas planen und ich damit eine Insel auf dem dunklen Weg habe, die erleuchtet ist. Der vorhin erwähnte Rahmen sind so etwas wie Leitplanken. Auch, wenn ich gerade nichts sehe – ich weiß doch ich kann links und rechts nicht runter fallen – das vor mir bleibt aber schwarz und unheimlich.

Bossi: Ungewissheit kann ich nur schwer ertragen. Es macht mich regelrecht wahnsinnig, auf eine Antwort oder Entscheidung warten zu müssen. Die Zeit, die ich dann mit dem Warten verbringe, fülle ich nur zu gerne mit Grübeleien, in denen ich mir natürlich nur das Schlimmste vom Schlimmsten vorstelle. Während meiner Konsumzeit ließ sich die Ungewissheit und das Warten leicht überbrücken. Statt sich in Gedanken zu verlieren, reichte eine Dosis, um das Grübelmonster stillzulegen. Leider führte das auch dazu, dass die in der Regel doch positiv ausfallende Gewissheit ihren Reiz verlor und die Freude darüber von mir nur gedämpft, wie ein längst verhalltes Echo, wahrgenommen wurde. Sofern ich es überhaupt noch spürte.

 

Autor*in: Alle zusammen

Wir sind die Blogautor*innen von Lebensmutig. Wir schreiben über unsere Erfahrungen mit Selbsthilfe, über unsere Erkrankungen und Themen und über die Herausforderungen, die wir bewältigen. Manchmal diskutieren wir untereinander über Themen, die uns gerade auf den Nägeln brennen. Dann dokumentieren wir das unter diesem Profil in einem besonderen Beitrag.

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