Diverse Gruppen, gerne auch Minderheiten, erleben immer wieder Stigmatisierung und werden diskriminiert. Worte werden ihrer eigentlichen Bedeutung entfremdet, missbraucht und erfahren dadurch einen stigmatisierenden Charakter. Oft muss man mehrmals überlegen, ob man Worte wie „behindert“, „krank“, „schwul“, „schwarz“ nutzen darf oder damit direkt Moral und Werte verletzt werden. Manche dieser Worte beziehen sich auf äußerliche Merkmale, andere Merkmale sind nicht zwangsweise sichtbar. Doch besteht das Problem tatsächlich in der Nutzung der Worte, sodass das Vermeiden dieser Worte das Problem vielleicht lösen würde? 

Ich kann für mich diese Frage mit einem klaren Nein beantworten. Natürlich sind die Worte durch die Bedeutungsentfremdung oft negativ besetzt, sodass ein sensibler Umgang unabdingbar ist. Aber manche Worte sind auch absolut notwendig, um zum Beispiel Ansprüche geltend zu machen: Leistungen, Hilfsmittel, Nachteilsausgleiche und vieles mehr. Sie kategorisieren Menschen, aber ohne dieser Kategorisierung würden Ansprüche flöten gehen, weil wir alle vom Gesetz aus „gleich“ wären. In Wahrheit gibt es für mich kein „gleich“ und dadurch auch kein „anders“ oder nur ein „anders“. Gesellschaftliche Bilder vermitteln jedoch oft Gleichheit, Leistungsfähigkeit, Optimierung und Perfektionismus. Minderwertigkeit wird somit mit vielen Menschen assoziiert, welche nicht in dieses Bild passen. Das Problem liegt für mich somit in den Köpfen der Menschen und der damit verbundenen gesellschaftlichen Norm.Teilweise ist dies Stigmata-Problematik in der Vergangenheit des Menschen und unserer Gesellschaft verankert – um grobe Beispiele anzuschneiden: Sklaverei, Euthanasie im Dritten Reich, Überleben in der Steinzeit.
Um der Stigmatisierung entgegenzuwirken hilft meiner Ansicht nach also nur eins: Sensibilisieren und Aufklären. Berührungsängste vermindern (bestenfalls komplett abbauen). Vermitteln, dass „anders“ normal ist und Abweichungen zum gesellschaftlichen Idealbild nicht Minderwertigkeit, Leistungsunfähigkeit oder ähnliches bedeuten. Jeder ist wertvoll. Jeder sollte entsprechend respektvoll behandelt werden und niemand sollte Ausschluss erfahren! Durch dies sollte – muss – sich das gesellschaftliche Bild ändern, sodass jeder einen Platz in unserer Gesellschaft erhält. Für die stigmatisierenden Worte bedeutet das, dass ein bewusster Umgang erforderlich ist und von Bedeutungsentfremdungen abzusehen ist.
Für die Gesellschaft bedeutet dies, dass Offenheit erzielt werden muss.
Und für uns bedeutet das Öffentlichkeitsarbeit, Öffentlichkeitsarbeit und nochmals Öffentlichkeitsarbeit.

Wie würdet ihr meine Ausgangsfrage beantworten?
Lasst uns an euren Ansichten, Ideen, eurer Gedankenwelt teilhaben und hinterlasst und dazu gerne einen Kommentar!

Autor*in: Dickdarmlos

Tabus sind ein Teil unserer Gesellschaft. Verdauungsorgane, insbesondere der Darm, und die Menstruation sind immer noch Tabuthemen. Es gilt als ekelig oder unrein. Man möchte nicht darüber sprechen und erstrecht nichts darüber hören. Doch was ist, wenn du mit einer Genmutation auf die Welt kommst, der Darm früher oder später in den Mittelpunkt deines Lebens rückt, und das Leben dir obendrauf noch eine gynäkologische Erkrankung schenkt? Hier beim Lebensmutig Blog berichte ich über mein Leben mit Familiärer Adenomatöser Polyposis (FAP), Endometriose und den psychischen Folgen.

in Zusammenarbeit mit:

Logo Schon mal an Selbsthilfegruppen gedacht?