Wir hatten letzten Monat eine Telefon bzw. Videokonferenz in der wir einstimmig beschlossen haben, dass man als Monatsthema Mobbing Thematisieren sollte.
Was bedeutet Mobbing für einen? Was macht Mobbing mit denen, die gemobbt werden?

Blue: Das Mobbing scheiße ist muss ich glaube ich erst gar nicht erklären.
Ich habe jahrelang Mobbing erfahren müssen in meiner Schulzeit. In der Grundschule hat es schon am ersten Tag angefangen als ich von einem Mitschüler angegangen würde und er meine Brille kaputt gemacht hat. In der Grundschule war ich dennoch recht beliebt. Als ich dann aber eine zeitlang im Kinderheim war und zurück gekommen bin, hat sich das rumgesprochen und alle die mit in die weiterführende Schule gewechselt sind haben es rumerzählt und so wurde ich nur Aufgrund der Tatsache das ich im Heim war gemobbt. Dann steigerte es sich immer mehr, es gab immer mehr „Gründe“: Mein leichtes Übergewicht, die finanzielle Lage meiner Familie, meine Brille, mein Gewicht, meine Art des Auftretens (ich war damals schon eher feminin) und meine vermeintliche Homosexualität. Über solche Themen habe ich bis dato nie nachgedacht. So ging es immer weiter, ich wurde oft beleidigt und ausgegrenzt, wurde als „Schwuchtel“ und Fettsack betitelt, von Menschen die glaubten dadurch eine bessere Stellung bekommen zu können. Das ging von der 5. bis zur 9. Klasse, alle die sich „cool“ gefühlt haben haben sich den Mobbern angeschlossen und sind mitgezogen. In der 10. Klasse hat es deutlich nachgelassen, weil die meisten Mobber nach der 9. Klasse abgegangen sind.
Um das ganze mal abzukürzen, selbst heute habe ich Angst vor Jugendlichen Menschen, weil sie für mich unberechenbar und böse sind. Ich kann es kaum abschütteln. Sobald ich jugendliche sehe wechsle ich die Straßenseite. Sehe ich eine Gruppe Jugendliche mache ich einen großen Bogen um sie um sicher zu sein das sie mir nichts tun können.
Abgesehen von der Angst vor Jugendlichen haben sich die Aussagen meiner Mobber von früher natürlich auch als Glaubenssätze manifestiert. Ich habe bis heute Probleme mit meinem Gewicht und meiner Homosexualität. Klar ich gehe recht offen damit um und wenn jemand fragt antworte ich wenn ich das Gefühl habe die Person ist ein offener Mensch. Aber ich könnte niemals in der Öffentlichkeit mit meinem Partner Händchen halten, weil ich Angst habe deshalb angegriffen zu werden oder schlimmeres.

Ich kann den ganzen Erfahrungen nichts positives abgewinnen und beende jetzt auch meinen Beitrag dazu und bin gespannt was die anderen für Erfahrungen gemacht haben.

Der Maulwurf: In meinem Leben habe ich auch schon Erfahrungen mit Mobbing gemacht.

Es fing in der Grundschule an: Da ich eine sehr starke Brille tragen musste, wurde ich Brillenschlage genannt. Im Sportunterricht ging es damit weiter, dass man immer als letztes gewählt wurde. Damals hat man es noch nicht als so schlimm empfunden.

An der weiterführenden Schule ging es dann weiter. Durch meine grob Motorik bin ich hat etwas toll patschig, das heißt mir fallen schnell Dinge runter. Im Sportunterricht wurden einem doofe Sprüche zu geworfen, da ich auch unsportlich bin. Durch mein politisches Wissen konnte ich die Mobber schnell klein kriegen.

An der Berufsschule war Mobbing dann nicht mehr das Thema. In meinem Praktikum ging es wieder los. Mein Bereich in dem ich eingesetzt werden sollte, war an sich die kaufmännische Abteilung. Hier habe ich allerdings selten eine kaufmännische Arbeit zu geteilt bekommen. Anscheinend trauten die mir diese Arbeit nicht zu. Stattdessen durfte ich den Zivis helfen. Dieses hat mir auch sehr viel Spaß gemacht. Die haben mich akzeptiert wie ich bin.

In meiner Ausbildungszeit wurde ich dahin gemobbt, dass mir verboten wurde mit Vater vom Chef zu sprechen. Mir wurde auch nach gesagt, dass ich kein richtiger Junge sei, da ich nicht pflastern oder im Garten arbeiten könne.

Wenn ich meine ganzen Mobbingerfahrungen auflisten sollte, würde ich fünf Seiten voll bekommen.

Man kann sich von den Mobbern kaputt machen lassen. Ich habe aber irgendwann festgestellt, dass es sich nicht lohnt. Mir hat es geholfen, dass ich mit anderen Leuten zusammen Arbeite, die nett zu mir sind. Ich bin durch diese Zeiten auch gestärkt hervor gegangen.

Kämpferin: Ich wurde auch einige Zeit gemobbt. Erstmals in der Grundschule (5. und 6. Klasse), da ich mit einem Mädchen von der ersten bis zur vierten Klasse nicht gespielt habe. Ich wurde festgehalten beim Fangen spielen und ich wurde öfters beleidigt. Die Lehrerin habe ich zwar angesprochen, aber die konnte auch nichts machen.
In der 9. Klasse ging das Mobbing weiter. Zum Glück wurde es in der zehnten Klasse besser, aber leider ging es in meinem Studium, an einer Fachhochschule (Klassenverband) dann wieder los. Das hat bei mir einen bleibenden Eindruck gemacht, sodass ich Angst habe vor einer Klassen. Leider habe ich das Studium wegen dem Mobbing abbrechen müssen.

Bossi: Ich würde gerne sagen können, dass mich das erlebte Mobbing stärker gemacht hat. Dass ich dadurch gewachsen bin. Dass ich mich deshalb zu demjenigen entwickelt habe der ich heute bin. Das kann und will ich aber nicht, Damit würde ich die zerstörerische Kraft des Mobbings irgendwie positiv relativieren. Auch wenn ich letzteres durchaus bestätigen kann. Durch das Mobbing in der Schule haben sich gewisse Glaubenssätze und Verhaltensweisen tief in mich eingebrannt, die es ohne Mobbing nicht gegeben hätte. Ich habe mich dadurch zu demjenigen entwickelt, der ich heute bin und knabbere immer noch daran, diese Glaubenssätze als solche zu identifizieren und aktiv dagegen anzugehen.

Autor*in: Alle zusammen

Wir sind die Blogautor*innen von Lebensmutig. Wir schreiben über unsere Erfahrungen mit Selbsthilfe, über unsere Erkrankungen und Themen und über die Herausforderungen, die wir bewältigen. Manchmal diskutieren wir untereinander über Themen, die uns gerade auf den Nägeln brennen. Dann dokumentieren wir das unter diesem Profil in einem besonderen Beitrag.

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