Gastbeitrag von: live_as_a_phoenix

So oft ist die erste Reaktion auf meine Frage, ob Interesse an der Teilnahme einer jungen Selbsthilfegruppe besteht, die gleiche „ Selbsthilfegruppe? Ne ,lass mal! Da sitzen ja alle im Stuhlkreis und erzählen sich ihre Geschichten.“ Tja, dass Image aus früheren Zeiten und Hollywoodfilmen hat sich in den Köpfen der Menschen eingebrannt und lastet schwer auf der Selbsthilfe und ihrem Ruf.

Ich muss dann immer automatisch grinsen und erkläre, dass wir in unserer Selbsthilfegruppe noch nie im Stuhlkreis gesessen und im Chor geantwortet haben: „ Hallo, (Name)“, „Danke, (Name)“, nachdem er uns seine Geschichte erzählt hat. Der Unterschied beginnt schon mit dem Namen.Unsere Gruppe heißt nicht Selbsthilfegruppe, sondern Treffpunkt. Bei uns treffen sich junge Menschen, sowohl um sich über die Erlebnisse auszutauschen, als auch um sich mal eine Auszeit von der Erkrankung nehmen zu können. Bei uns steht der Spaß im Vordergrund, der Austausch kommt dann immer ganz von alleine.

Zu Beginn eines Treffen unternehmen wir meistens etwas zusammen. Zum Beispiel gehen wir Kart fahren, Bowling/Lasertag spielen, auf den Jahrmarkt oder im Winter auf den Weihnachtsmarkt. Danach gibt es immer noch ein gemeinsames Essen. Durch die Aktionen lernen wir uns im lockeren Rahmen untereinander (besser) kennen und können uns thematisch schon mal langsam etwas rantasten.

Bei unseren Treffen wird viel gelacht. Manchmal kommt es auch vor das Tränen fließen. Wie im echten Leben mit Freunden eben auch. Der Unterschied ist nur, dass uns alle eine gemeinsame Erfahrung und Erkrankung verbindet. Dadurch verstehen wir die Betroffenen besser und können eher nachvollziehen, was jeder einzelne durchgemacht hat und wie es ihm ergangen ist. Gleichzeitig werden bei uns viele nützliche Tipps zu der Erkrankung, den Nebenwirkungen und dem Umgang mit dem Umfeld ausgetauscht. Außenstehende wundern sich immer wieder wieviel positive Energie und Lebensfreude wir versprühen. Und es ist so wichtig genau dies nach außen zu tragen und zu zeigen, dass unsere Treffen keine „Negative-Menschen-Veranstaltungen“ sind.

Mir tut der Austausch jedes Mal aufs Neue richtig gut und ich gehe sehr gerne zu den Terminen. Ich bin sehr dankbar, dass ich einige der Teilnehmer mittlerweile zu meinen Freunden zählen darf. Mit ihnen treffe ich mich auch außerhalb des Treffpunkts zum Quatschen, Essen/ins Kino/Feiern gehen oder auch um zusammen in Urlaub zu fahren. Untereinander gibt es einen starken Zusammenhalt und jeder hat immer ein offenes Ohr für den Anderen. Ich möchte diesen Austausch nicht mehr missen, denn dadurch hat sich sehr viel in meinem Leben zum positiven verändert.

Um zu verdeutlichen was aus Selbsthilfe entstehen kann, habe ich ein Bild hinzugefügt. Dieses ist letzte Woche in Oberstdorf entstanden. Zusammen haben wir 310% Schwerbehinderung. Das hält uns aber nicht davon ab gemeinsam eine tolle Zeit und viel Spaß zu haben.

Ich würde mir wünschen, dass jeder zukünftig solche Bilder im Kopf hat, wenn man über (junge) Selbsthilfegruppen spricht.

 

Autor*in: Gastautor*in

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