Katze am Meer

»Ich möchte einfach nur noch nach Hause«, denke ich in letzter Zeit immer häufiger. Ich fühle mich einsam. Allein. Ich bin mal wieder die Außenseiterin. Die, die nicht gefragt wird, wenn etwas gemeinsam unternommen wird.  »Schade, dass du gestern nicht mit beim Kaffeetrinken dabei warst«, schreibt mir eine Mitfreiwillige. »Schade, dass ich gar nicht erst gefragt wurde«, denke ich. Und: Da kannst du dir dein scheinheiliges Getue jetzt auch sparen.

Vielleicht bin ich auch selbst daran Schuld. Schließlich bin ich diejenige, die sich den anderen nie angeschlossen hat, wenn sie abends weggegangen sind. Aber wenn man keinen Alkohol trinkt ist man ja eh nicht erwünscht. Zweimal habe ich es versucht und bin mit zwei Kollegen etwas trinken gegangen. Für die gabs Bier – für mich eine Cola. Wie erwartet (oder eher befürchtet) kam natürlich irgendwann der Punkt, an dem das zum Thema wurde. Ewig langes auf mich einreden – es schien gar kein Ende mehr zu nehmen. Ich fühlte mich unwohl; war erleichtert, als wir endlich aufgebrochen sind. Trotzdem entschied ich mich dafür, am nächsten Tag noch einmal mitzugehen. Es wurde schließlich lange genug darüber geredet, dann kann es dieses Mal ja nur besser werden, denke ich. Leider falsch gedacht. Und ich beschließe endgültig, nie wieder abends irgendwo mit hinzugehen.

»Wenn du wieder zurück bist, wirst du dein großes Zimmer dort sicher vermissen«, sagte meine Mama vor ein paar Tagen zu mir. Ich schüttelte nur den Kopf. Mein Zimmer ist groß und leer. Einsam. Mit den Mitbewohnerinnen hat man kaum Kontakt. Vor kurzem habe ich es gewagt eine Sache anzusprechen, die mich stört. Keine Reaktion darauf, außer dass die Küche nun fluchtartig verlassen wird, sobald ich sie betrete und man diese erst wieder betritt, sobald ich zurück in meinem Zimmer verschwunden bin. Das fühlt sich irgendwie ganz schön doof an.

In zwei Wochen fahre ich übers Wochenende ans Meer. Bisher habe ich mich darauf gefreut in der Hoffnung, auf schönere Gedanken zu kommen. »Mit wem fährst du denn?«, fragt mich eine Kollegin. »Alleine«, versuche ich so selbstbewusst wie möglich zu antworten, während ich denke: Mit wem sollte ich auch zusammen fahren?! Einige Stunden später erfahre ich, dass die anderen Freiwilligen ausgerechnet an dem Wochenende gemeinsam dorthin fahren. Fühlt sich auch irgendwie doof an.

Die Ängste sind momentan super stark. Scheinbar grundlos. Oder durch die super starken Selbstzweifel ausgelöst. Ich sollte mich wohl endlich mal daran gewöhnen, dass ich immer die Außenseiterin bin. Die Person, die nicht gefragt wird. Und daran, dass ich wohl einfach nicht dafür gemacht bin, dass man mich mag. Und bis das etwas einfacher geworden ist, werde ich wohl weiter jeden Abend mit einem Gummiband am Handgelenk, Knete in der Hand und einer Tasse Tee versuchen, die Angstsymptome wenigstens ein bisschen zu lindern und ein wenig Kraft zu tanken für den nächsten Tag.

Autor*in: Mutsammlerin

An ein Leben ohne Angst kann ich mich nicht erinnern. Aber ich kann davon träumen, die Angst aushalten und für meine Träume kämpfen.

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