An dem Tag, an dem ich meine Rheuma-Diagnose bekommen habe, hatte ich endlich wieder Hoffnung, dass es wieder besser werden kann und ich hoffentlich auch wieder schmerzfreie Tage erleben kann. Deshalb bin ich von der Rheuma-Ambulanz aus direkt zur Apotheke gefahren und habe mein Rezept abgegeben. „Das müssen wir bestellen. Sie können es dann morgen abholen“, sagte die Apothekerin. Doch als ich am nächsten Tag in die Apotheke gegangen bin, hieß es: „Das wurde leider nicht mitgeliefert, weil es nicht lieferbar ist.“

Ich war eh noch ganz überfordert von dem Gefühlschaos nach der Diagnose. Ohne das Medikament war meine Hoffnung wieder zerstört. Und die Angst war da, was das Rheuma so noch alles in mir angreifen wird, wenn es nicht mit Medikamenten aufgehalten wird. Während ich in der Apotheke war, habe ich es irgendwie geschafft, zu funktionieren. Ich habe meine Telefonnummer da gelassen und mit der Apothekerin besprochen, was es für Möglichkeiten gibt. Doch sobald ich aus der Tür raus war, kullerten die ersten Tränen, weil ich einfach mit allem komplett überfordert war.

Am Nachmittag klingelte dann mein Handy und die Apothekerin teilte mir mit, dass sie noch einen Lieferanten gefunden hat, der das Medikament vorrätig hat. So konnte ich es am Abend abholen und die ersten Tabletten schlucken. Und mich in Geduld üben, denn es kann bis zu sechs Monate dauern, bis man eine Wirkung verspürt. Ich nehme es jetzt seit fünf Monaten und spüre leider noch keine Wirkung, deshalb nimmt meine Hoffnung seit ein paar Wochen eher wieder ab.

Wie es mit Medikamenten so ist, füllen sie sich leider nicht von alleine wieder auf. Vor Kurzem waren meine Vorräte aufgebraucht und die Medikamenten-Tortur ging von vorne los. Es fing schon damit an, dass mein vorbestelltes Rezept bei meiner Hausärztin verschwunden ist. Dann wusste niemand, was da überhaupt drauf stehen muss. Als ich das Rezept endlich in der Hand hatte und in die erste Apotheke spazierte, erhielt ich wieder die ernüchternde Nachricht: „Das ist aktuell nicht lieferbar.“ Was ich denn dann tun kann? „Laufen Sie alle Apotheken in der Umgebung ab und fragen überall nach.“

Ich war schon wieder den Tränen nah, doch noch hatte ich etwas Hoffnung, dass ich in den umliegenden Apotheken Erfolg haben könnte. Nur die Aussicht, jede Apotheke abklappern zu müssen, hat mein Anspannungslevel extrem in die Höhe getrieben. Denn meine soziale Angststörung ist bei solchen Sachen leider auch immer noch mein ständiger Begleiter.

Apotheke Nummer zwei war auch ohne Erfolg. In Apotheke Nummer drei wurde ich von der Apothekerin angeschnauzt, weil mein Rezept fehlerhaft war. Die hohe Anspannung, die sozialen Ängste und das Gefühl, von allen anderen Personen in der Apotheke während der Schimpftirade angestarrt zu werden sowie die Verzweiflung, das Medikament nicht zu bekommen, war dann wieder viel zu viel. Ich habe mir ein ungestörtes Fleckchen gesucht, erstmal geweint und meinem Freund geschrieben, wie doof und verzweifelnd es ist, chronisch krank zu sein.

Als ich mich wieder etwas beruhigt hatte, ging es zurück zu meiner Hausärztin, um ein korrektes Rezept zu holen. Sie hatte wohl zuvor das falsche zerrissen und in den Mülleimer geworfen. Apotheke Nummer vier war dann auch wieder ohne Erfolg, doch in Apotheke Nummer fünf konnten sie es mir endlich bestellen! Was für eine Erleichterung! Denn auch wenn es bisher noch nicht wirkt, habe ich noch ein kleines bisschen Hoffnung, dass es noch wirken wird und es wäre so ärgerlich, wenn die fünf Monate umsonst gewesen wären, nur weil es das Medikament nicht gibt.

Autor*in: Mutsammlerin

An ein Leben ohne Angst kann ich mich nicht erinnern. Aber ich kann davon träumen, die Angst aushalten und für meine Träume kämpfen.

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