Plan 1, 2, 3 – LOS

Wenn es nach mir geht, würde ich gerne jeden Tag in meinem Leben vorplanen. Einfach um mir die Sicherheit zu geben zu wissen was als nächstes passiert. Nur ist das leider nicht möglich, das Leben wie wir es kennen ist nicht planbar. Es kann immer wieder etwas dazwischen kommen.

Ich meine mein Plan war es eine Ausbildung zu machen und dann wurde mir bewusst wie krank ich bin, rutschte in einen Burnout und bin nun seit 3 Jahren mehr oder weniger arbeitslos.

Ich hatte geplant mich selbst im ersten Arbeitsmarkt wieder einzugliedern und was ist passiert? Die Arbeitsbedingungen die ich hatte waren nicht gerade gesundheitsfördernd und ich musste meinen Minijob wieder aufgeben.

Ich war jetzt 5 mal stationär in Psychotherapie und es hat jetzt im letzten Aufenthalt, der gerade mal etwas mehr als eine Woche beendet ist, geklappt das ich etwas mitnehmen konnte was das Fundament das sich die letzten 5 Jahre aufgebaut hat stärken konnte.

Ich habe das Gefühl ich war noch nie so nah an meinen tatsächlichen Themen dran wie in diesem Aufenthalt und es geht noch 3 Monate weiter.

Ich habe eine Schema Therapie gemacht, welche mir wie nichts davor so sehr vor Augen führen konnte wieso ich mich verhalte wie ich mich manchmal verhalte und wo es seinen Ursprung hat. Natürlich in meiner Kindheit, aber auch zu wissen was oft die auslösenden Momente waren und zu verstehen, dass meine doch oft zu starken Gefühle von Kindmodi kommen die in mein heutiges Leben als gesunder Erwachsener so nicht mehr reinpassen.

Es hat sich vieles bewegt, ich bin mir meiner Dysfunktionalen Verhaltensweisen bewusst geworden und meine Bedürfnisse die im Mittelpunkt stehen sind mir nun auch mehr als bewusst.

Kontrolle schafft Angst

Mein Bedürfnis nach Sicherheit stellt mir fast täglich ein Bein, wenn es darum geht mal neue Dinge auszuprobieren. Einerseits will ich liebend gerne neue Dinge probieren, mich weiterentwickeln, mich entdecken, was mir spaß machen könnte, wer ich sein will.

Aber aufgrund dieses Sicherheitsbedürfnisses entwickelt sich auch ein Kontrollmechanismus, ein Modus der alles im Griff haben möchte, alles planen möchte um auf jede erdenkliche Art und Weise vorbereitet zu sein. Das allerdings füttert auch mein ängstliches Kind. Der Modus der potentiell vor allem Angst hat, vor allem vor Veränderung und Ungewohntem.

Liebend gerne würde ich mich trauen mich schauspielerisch zu betätigen, aber was könnten die Leute denn über mich denken? Ich könnte ja negativ auffallen und nicht gemocht werden, könnte komplett fehl am Platz sein, unfähig.

Ich würde gerne eine Tour mit dem Fahrrad machen, ein paar Tage woanders hinfahren, alleine sein und die „Welt entdecken“, aber was könnte mir denn alles schlimmes unterwegs passieren? Ich könnte einen Unfall haben, auf einem Teil der Strecke wo kaum jemand fährt und niemand mitbekommen würde wenn ich stundenlang im Graben liege. Mein Fahrrad könnte auf der Mitte des Wegs kaputt gehen und ich würde nie wieder nach Hause finden.

Wenn ich mir das alles so durchlese, klingt das nach einem kleinen ängstlichen Kind das Meister darin ist zu katastrophisieren. Das ist mein Kindmodus der niemals abgeschwächt werden kann wenn ich mich nicht traue, neue Dinge auch wirklich auszuprobieren. Wenn ich diesem Modus nicht zeige, dass diese Katastrophen nicht eintreten, dann kann der gesunde Erwachsene nicht das Ruder übernehmen.

Der gesunde Erwachsene, also ich selbst, ich der Mensch der gerade auch diese Zeilen verfasst weiß, dass das in gewisser Weise „lächerlich“ ist (ohne meinen Modus zu diskreditieren) und ich gerne diese Erfahrungen machen möchte, weil ich weiß das irgendwo da draußen genau Dinge sind die mich glücklich machen.

Ich habe mich schon so viele Dinge getraut in meinem ganzen Leben, ich meine ich bin zur Therapie gegangen, übernehme das Ruder auch in Gruppentherapien, habe schon versucht Podcasts zu machen, schreibe hier am Blog und das alles obwohl ich extrem in meinem Kindmodus gefangen war der fürchterliche Angst davor hatte alles was er anfängt kaputt zu machen.

Jetzt gerade als ich diesen Satz geschrieben habe ist mir ein Glaubenssatz bzw eine Grundannahme aufgefallen die ich habe… „Du bringst nie etwas zu Ende“…..

Und was mache ich die ganze Zeit, wenn das Kind die Oberhand gewinnt und die Angst im Vordergrund steht? Ich gebe auf…… Und somit bestätige ich immer und immer wieder meine Grundannahme, meinen strafenden Modus und gebe meinem ängstlichen Kind mal wieder mehr Futter um darin bestätigt zu werden das es Sinn macht vor neuen Dingen Angst zu haben, ich ziehe ja immerhin nichts durch. Was auch die Angst füttert….

Ich habe das Gefühl es ist ein Teufelskreis aus dem ich lernen muss auszubrechen.

Einer der prägendsten Momente bzw Unterhaltungen in meiner Einzeltherapie war folgender:

Ich: “Ich bin mittlerweile 23 und bekomme die einfachsten Sachen nicht geschissen, wie erbärmlich ist das denn bitte?“

Therapeutin: „Das ist doch vollkommen nachvollziehbar. Sie müssen jetzt als Erwachsener Mensch Sachen lernen die Ihnen bereits in der Kindheit hätten beigebracht werden müssen und Sie haben keine Schuld daran.“

Wenn ich das hier schreibe dann tut es verdammt weh mir einzugestehen, dass meine Familie bzw die Menschen die mich erzogen haben soviel versäumt haben mir beizubringen.

Es kommt immer wieder das Gefühl Wut nach oben, aber ich muss mir leider immer und immer wieder sagen, dass meine Mutter es nicht hätte besser machen können. Sie hat alles getan was in Ihren Augen das war was sie tun konnte. Es ist unbestreitbar das vieles falsch gelaufen ist, aber hätte sie die Kapazitäten und Ressourcen gehabt es besser zu machen hätte sie es. Da sie es nicht hat konnte sie es auch nicht. Also darf ich nicht sauer auf sie sein. Nicht das ich mir meine Wut verbiete, ich glaube eher das Wut tatsächlich nur ein sekundäres Gefühl ist und das Primär Gefühl bedauern ist…

Wie lerne ich jetzt spontan zu sein?

Ich habe mir nicht lange den Titel überlegen müssen. Spontan geplant klingt schon sehr lustig und tatsächlich läuft es wirklich darauf hin das ich es planen muss, nicht im Sinne von das ich plane nächsten Mittwoch um 12.45h spontan zu sein, sondern eher das ich Schritt für Schritt lerne irgendwann spontan sein zu können.

Ein Freund von mir hat mich da tatsächlich schon minimal darauf vorbereiten können, er ist die Art von Mensch die anruft und fragt: „Kann ich in 10 Minuten vorbeikommen?“. Anfangs war das immer ziemlich schwierig für mich, ich meine ich muss ja dann noch erstmal meine Wohnung aufräumen um den Schein aufrechtzuerhalten, dass ich mein Leben im Griff habe.

Aber mit der Zeit wurde das auch einfacher, was dieses Thema angeht, kann ich tatsächlich spontan sein, aber auch nur weil ich ja mittlerweile mehrmals auch die Erfahrung machen konnte, das nichts schlimmes passieren wird. Selbst wenn meine Wohnung das reinste Chaos ist.

Und so möchte ich das tatsächlich auch mit anderen Lebensbereichen machen.

Ich war wieder in meiner Selbsthilfegruppe und da ist ein für mich neues Mitglied drin, er hat mich irgendwie sofort inspiriert. Er hatte Lust seine Hängematte irgendwo in der Natur aufzuhängen und dann draußen zu übernachten und er macht es dann auch einfach. Krass, dachte ich mir, will ich auch, es war schon immer irgendwie eine schöne Vorstellung in der Natur zu schlafen, gemacht habe ich das aber irgendwie nie. Zumindest erinnere ich mich nicht daran.

Beim zweiten mal in der Gruppe hatten wir dann auch darüber gesprochen, dass ich gerne nach diesem langen Klinikaufenthalt Urlaub machen möchte, am liebsten alleine. In einer Hütte im Wald oder in einem Zelt das wärs doch.

Aber wen haben wir denn da? Das ängstliche Kind meldet sich natürlich wieder und ich schaffe es nicht mich zu überwinden.

So bot er mir an gerne erstmal mit ihm zusammen einfach mal die Hängematten zu schnappen und uns aufzumachen damit ich erstmal schnuppern kann bis ich es schaffe das auch alleine zu machen. Ich hatte erstmal mega Angst, aber dann war mein Impuls recht schnell klar JA zu sagen.

Und das ist jetzt der Plan. Ich möchte in den Bereichen in denen ich es nicht schaffe Dinge durchzuziehen Menschen an meine Seite holen die das schon schaffen oder die Meister darin sind spontan zu sein oder Dinge umzusetzen.

Möchte das diese mir das beibringen können. Ich meine ich muss ja alles erlernen und wer hat gesagt das ich mir das selbst beibringen muss?

Ich darf auch um Hilfe bitten, auch wenn ich Angst habe.

Autor*in: Blue

Das wird ein Kampf, ein Kampf um meine Gesundheit, ein Kampf um eine glückliche Zukunft und ein zufriedenes Leben. Diesen Kampf kämpfe ich gerne... zumindest die meiste Zeit.

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