Seit einigen Wochen treibt mich die Frage um, woran es scheitert, dass ich nicht so leicht ins Handeln komme. Es fehlt mir oft an Motivation oder Elan, Dinge anzugehen oder von der Planung in die Handlungsebene zu gelangen.

Alleine das Aufstehen morgens fällt mir enorm schwer, mein Handy habe ich schon neben den Fernseher gelegt, damit ich es nicht direkt neben mir liegen habe. Dennoch schaffe ich es, nachdem ich den Wecker ausschalte, nicht mein Handy wegzulegen und aufzustehen. Vielmehr lasse ich mich wieder in die Gemütlichkeit des Kopfkissens zurückfallen und scrolle durch meine Social Media Plattformen.

Das meine App Begrenzung sich schon meldet, das Tageslimit welches ich für meine Apps eingestellt habe bereits erreicht ist, bevor ich es überhaupt schaffe meine Beine aus meinem Bett zu schwingen, lassen mich mit einem unguten und unmotivierenden Gefühl in den Tag starten.

Die Tage gestalten sich immer gleich, man könnte fast meinen, es sei ein und derselbe Tag, die einzelnen Nuancen, welche die Tage voneinander unterscheiden, verschwimmen so sehr in der Bedeutungslosigkeit, um einen Unterschied klar erkennbar zu benennen.

Kopfhörer rein, Podcast an und der erste von unzähligen Kaffees wird gekocht. Mein Handy liegt schon offen auf dem Tisch, mein Handyspiel in welchem ich mich seit ein paar Wochen wieder verliere macht schon seine Arbeit. Nach einer gewissen Zeit komme ich mir schon etwas seltsam vor – wie ich hier sitze und nichts wirklich sinnvolles mache, meine Zeit am Handy verplempere. 

(Un-)logische Schlussfolgerung – ich schalte meinen PC ein und spiele eben mein Spiel dort, immerhin muss ich ja meine Handy Bildschirmzeit reduzieren.

 

Anfangs habe ich mich noch ein paar Mal ins Bett gelegt, um ein wenig zu lesen, wie ich geschwärmt habe, dass es durch ein neues Medikament endlich möglich ist, Bücher zu lesen und wie “ach so interessant mein Buch doch ist”. Jetzt liegt es da, auf Seite 103 ein Knick, damit ich weiß wo ich weiterlesen muss, aber es wird nicht gelesen. In die Hand genommen natürlich, ich muss es ja regelmäßig aus dem Weg schaffen, weil es im Weg liegt.

Ich habe fast vergessen, wie es ist, 6 Staffeln einer Serie zu schauen, ohne zu merken, dass ich die ganze Zeit fast nichts anderes mache, aber jetzt weiß ich es wieder. Ich meine, spannend ist sie ja, wer kennt es nicht? “Noch eine Folge, dann höre ich auf.”

 

Das gute an dieser Phase ist, die ich eigentlich mittlerweile als guten Freund bezeichnen könnte, einen alten Freund, der mir beisteht, wenn ich es brauche und manchmal auch nicht – es lässt mich gerade nicht mehr in untiefen meiner depressiven Möglichkeiten herabfallen, die mich für gewöhnlich mindestens zwei Wochen verschlingen.

Ich bin gelassener, kann es fast akzeptieren, akzeptieren, dass mein Leben langweilig ist und ich nur bedingt etwas dagegen tun kann. Dass mein Tagesablauf nichts Spannendes oder aufregendes oder vielleicht mal abwechslungsreiches für mich bereithält. 

Ich meine, ich tue schon fast alles, was mir möglich ist, meinen Tag zu gestalten, ich tue eigentlich auch Dinge, die ich gerne tue. 

Ich spiele Videospiele, schaue Serien, die mich fesseln, entspanne und treffe mich gelegentlich mit meinen Freunden, mal abgesehen davon, dass natürlich auch Anker in meinem Ablauf existieren, wie bspw. Meine Selbsthilfegruppe und Betreuertermine. Aber ich lasse mich gerade von der Gemütlichkeit umhertreiben, weil mir oft die Möglichkeiten fehlen, neue Dinge auszuprobieren, spannende Dinge zu erleben. 

Oft fehlt es leider an finanziellen Mitteln. Dinge die ich gerne tun würde kosten Geld, sei es der Eintritt in einen Kletterpark, Tickets für Konzerte um herauszufinden ob ich ein Mensch bin der Konzerte mögen könnte, oder einfach mal nur für ein Wochenende wegfahren oder ein Instrument kaufen und mir das Spielen selbst beibringen.

Versteht mich nicht falsch, ich gönne mir gerne Sachen, leider aber oft die falschen Dinge, wie teure Kopfhörer oder Videospiele, die ich nach zwei Wochen nicht mehr anfasse. Ich bin von Konsum geleitet und abhängig von schnellen und kurzen Glücksgefühlen, die sich nicht mit der Investition in langfristige Projekte erreichen lassen.

Würde ich mir ein Instrument kaufen, für den schnellen Glückskick, würde ich sofort den Spaß am Lernen verlieren und das Instrument kurzerhand wieder weglegen und vergessen. Ich habe nicht wirklich gelernt, meine Mittel in langfristige Chancen der Zufriedenheit zu stecken. So bin ich nicht gepolt und geprägt worden.

Ich denke natürlich viel an meine Zukunft, wer meine Beiträge schon länger verfolgt weiß ich hänge sehr an meiner romantischen Vorstellung, einer rosigen und wunderschönen, perfekt ausgearbeiteten Zukunft. Aber oft nur rein theoretisch, weil es viel zu niederschmetternd wäre, wenn ich tatsächlich in meine Zukunft investieren würde, keine Freude empfinden würde und merke, dass ich die falschen Dinge für mich und mein Leben will. Dass ich nur aufgrund der Tatsache, dass ich es mir erträume, Fähigkeiten habe und nicht weil ich sie tatsächlich hätte.

Es ist ziemlich deprimierend in einem Zustand gefangen zu sein, in welchem ich ein Leben führe das ich so eigentlich nicht führen möchte, auch weil mir die Möglichkeiten fehlen das Leben zu führen wie ich es gerne hätte und andererseits Angst davor habe, dafür zu sorgen meinem Leben das ich mir erträume auch nur ansatzweise in kleinen oder mittelgroßen Schritten entgegenzutreten.

Ich meine ich tue schon einiges, um dafür zu Sorgen aus diesem Kreislauf rauszukommen, bin aber mittlerweile seit mehr als 5 Jahren daran gewöhnt, dass alles nur in Zeitlupe vonstatten geht. Mein Leben hat sich nicht maßgeblich von einem auf den anderen Moment verändert, die meisten Dinge haben Jahre gebraucht, um sich zum positiven zu verändern.

Ich habe gelernt, auszuharren und zu warten, habe gelernt, stillzustehen und es geschehen zu lassen, ohne etwas zu riskieren. 

Ich habe meinen Sicherheitshelm, meine Sicherheitsweste und Sicherheitsschuhe ständig an, ich war schon immer ein vorsichtiger Mensch, aber meine Sicherheitskleidung lässt mich gelähmt in einem Leben zurück, welches mich auf Dauer erdrückt. Ein Leben, das mich ersticken lässt, weil ich zu große Angst davor habe, aus meinen gewohnten Strukturen auszubrechen und mich, die Person, die ich geworden bin, zu verraten. Ich wäre ja unauthentisch wenn ich den Sprung wagen würde, vor Allem weil ich nicht mal weiß wohin ich springen soll.

Einerseits nervt es mich, dass ich so lange warten muss bis beispielsweise meine berufliche Reha und Umschulung losgeht, andererseits ist es gemütlich zu wissen, das es ein langer Prozess ist, weil ich Angst habe ich würde überfordert wenn es so schnell gehen würde wie ich es gerne manchmal hätte.

Vielleicht schaffe ich es besser meinen Alltag so zu gestalten, wie ich ihn gerne leben würde, wenn ich tatsächlich Alltag habe, alleine dadurch, dass ich jeden Tag wieder einen Grund habe aufzustehen.

Autor*in: Blue

Das wird ein Kampf, ein Kampf um meine Gesundheit, ein Kampf um eine glückliche Zukunft und ein zufriedenes Leben. Diesen Kampf kämpfe ich gerne... zumindest die meiste Zeit.

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