Ich fühlte mich in mir nicht mehr zu Hause. Denn hier ist vor vielen Jahren ein großer Hund mit zotteligem, schwarzen Fell eingezogen, der einfach beschlossen hat zu bleiben.
Ich hab alles mögliche versucht, um ihn wieder loszuwerden. Ich habe ihn ignoriert und überspielt, mich abgelenkt und so getan, als sei er gar nicht da. Auch anderen Besuchern habe ich nichts von ihm erzählt, sondern ihn in die Besenkammer gesperrt. Als er mit der Zeit immer größer wurde, habe ich gegen ihn gekämpft, ihn wütend beleidigt, ausgeschimpft und angeschrien. Irgendwann hatte ich keine Kraft mehr und habe einfach aufgegeben, mich zu ihm ins Bett gelegt, geschlafen und darauf gewartet, dass er von alleine verschwindet. Aber nichts hat wirklich geholfen, der Hund ist geblieben.
Manchmal hat er mich grimmig angeschaut, aber meistens war sein Blick einfach nur müde und traurig. Kein besonders angenehmer Genosse und so jemanden kann man natürlich schlecht irgendwo mit hin nehmen. Also habe ich versucht, ihn so gut es ging zu Hause lassen, wenn ich ausging und mich wenigstens für ein paar Stunden ohne ihn zu amüsieren. Das ging manchmal ganz gut und für einen kurzen Augenblick vergaß ich ihn sogar. Aber kaum war ich wieder daheim, begrüßte er mich spöttisch und legte sich mit seinem ganzen Gewicht auf mich. Er erschien mir dann manchmal noch etwas größer und schwerer als zuvor.
„Schwarzer Hund, was willst Du hier?“, habe ich ihn oft gefragt. Er hat es mir bis heute nicht verraten. Aber – so paradox das auch klingen mag – er hat mir vieles beigebracht, wenn auch auf seine ganz eigene, oft ungeschickte und etwas schmerzhafte Art und Weise. Durch ihn habe ich z.B. gelernt, wie wichtig die Details sind und wofür mein Herz wirklich schlägt. Heute kann ich mich so sehr darüber freuen, einfach nur im Park zu liegen und zum Himmel zu schauen, dass mir fast die Tränen kommen. Jeder gute Tag ist ein Geschenk, jeden schlechten überlebe ich.
Mittlerweile weiß ich, dass ich ihn vielleicht nie mehr ganz los werde, den schwarzen Hund mit dem betrübten Blick. Aber ich lasse ihn nicht mehr über alles bestimmen, sondern gewähre ihm einfach ab und an mal ein bisschen Zeit mit mir. Und wenn es ganz schlimm wird und er wieder ganz viel Aufmerksamkeit fordert, dann sage ich meine Termine und Verabredungen ab, melde mich krank auf der Arbeit und bin für uns beide da, so gut ich eben kann. Durch solche Phasen muss ich zum Glück nicht alleine durch, denn ich habe einige sehr liebe Menschen in meinem Leben, die dann wissen, worauf es ankommt und die einfach da sind. Sie sind von allem, was mir geholfen hat, das wahrscheinlich kostbarste.
Autor*in: Gedankentänzer
Als junger, von Depressionen betroffener Mensch engagiere ich mich seit vielen Jahren in der Selbsthilfe, weil ich der Stigmatisierung von psychischen Leiden etwas entgegen setzen und mich für mehr Offenheit und Aufklärung stark machen möchte. Gedankengänger macht gerade eine Schreibpause
Hi Gedankentänzer, danke für deine Geschichte! Und ich hoffe, das kommt jetzt nicht total doof – aber hast du mal überlegt, ob ein ganz freundlicher, ganz echter Hund in deinem Leben eine gute Unterstützung sein könnte? Ich komm da nur drauf, weil ich vor kurzem diese Kolumne gelesen habe:
https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5506873&s=Franziska%2Bund%2Bhund/
Viele Grüße
Uhu
Das ist überhaupt nicht doof, sondern eine richtig sinnvolle Überlegung. Ich hätte auch so gerne einen, aber mein Mann ließ sich bisher nicht überzeugen… Aber ich arbeite dran! 😉
Gruß
Gedankentänzer
Ein sehr schöner Text! In dem ich mich auch wiederfinden kann.
Zu Uhu’s Vorschlag: ich kenne viele, die sich einen echten Hund an ihre Seite genommen haben. Ich kann mir vorstellen, dass das einem wirklich helfen kann (für mich wäre das leider nichts, weil ich zu große Angst vor Hunden habe und auch eh allergisch bin.)
Ich drücke die Daumen, dass du ihn noch überzeugen kannst 😉
Liebe Grüße
Mutsammlerin
Danke, Mutsammlerin und es muss ja auch kein Hund sein. Katzen sind auch sehr einfühlsame Wesen (auch wenn sie oft ihren eigenen Kopf haben ;-)). Überhaupt geben Tiere einem direktes, reales Feedback und holen einen in die Gegenwart. Das fasziniert mich immer wieder.
Hallo Gedankentänzer, das kenne ich, wenn der schwarze Hund mal übermächtig wird, aber wichtig dass du Freunde hast, die für dich da sind. Und die Idee dir einen Hund anzuschaffen ist doch eine prima Idee!
Deine Rainbow.
Vielen Dank, Rainbow!
Hallo Gedankentänzer, zu den Anregungen oben: Ich arbeite mit Tieren. Durch meine Arbeit im Tierheim mit allen möglichen Tieren. Und durch meine Ausbildungen speziell mit Hunden, Katzen und Pferden, am allermeisten mit Hunden. Es stimmt, dass Tiere helfen, ich kann mir meinen Hund zum Beispiel nicht mehr wegdenken. Doch unsere Laune färbt leider auf unsere geliebten Fellnasen ab und das ist leider für das Tier sehr schlimm; und abgesehen davon, kann es für uns auch schlimm werden, da sich die Tiere dadurch schnell miese Eigenarten angewöhnen können, die wir gerade durch unseren Zustand schlecht wegbekommen. Ich werde dazu auch noch einen Beitrag schreiben, wohl eher eine Beitragsreihe. Es muss quasi gewährleistet sein, dass dein Tier, wenn es dir schlecht geht, aus der Situation rausgehen kann, und damit meine ich nicht nur in einen anderen Raum. Tiere spüren es, und wir spüren leider auch wenn wir unseren Tieren nicht gut tun, das lässt und leider noch schlechter fühlen. Vielleicht wäre jedoch das Ausführen von Gassihunden im Tierheim eine tolle Alternative. So kannst du mit den Hunden spazieren, wenn du mental fit bist oder die Katzen kuscheln sowie die Nager füttern. Da gibt es viele Möglichkeiten 🙂 Wenn du dich mehr interessierst, kannst du mich gerne anschreiben. Dein Beitrag berührt mich sehr und ich kann sehr gut nachvollziehen wie es dir geht.