Der Maulwurf: Was bedeutet Selbsthilfe für mich?

Wenn ich ehrlich sein soll. Bedeutet es momentan gar nichts mehr. Das einzige was mir im Moment etwas in diesem Bereich bedeutet, ist dieser Blog.
Was ist der Grund dafür?
Mein An sinn war es einmal eine solche Gruppe zu gründen. Ich wollte gleichgesinnte Treffen bzw. kennenlernen.
Was meinst du mit Gleichgesinnte?
Menschen die das gleiche Leiden haben wie ich. Das man sich mit den anderen Personen austauschen kann. Einfach einmal etwas gemeinsam unternehmen. Leider hat sich keiner gemeldet beim ersten Versuch. Auch auf meine zweite Gruppe hat sich keiner gemeldet. Diese beiden versuche brachten nur Frust für mich. Den wollte ich auf keinen Fall noch mal haben.
Hast du mit der hiesigen Kontaktstelle zusammen gearbeitet?
Natürlich habe ich deren Arbeit in Anspruch genommen. Aber nur so neben bei. Viel Hilfe haben die mir nicht angeboten. Diese Kontaktstelle hat mir dann die Arbeit gekündigt.
Warum haben die dies gemacht?
Sie meinten es wäre alles getan worden. Aber aus ihrer Sicht war alles zwecklos. So eine Gruppe würde hier anscheinend nicht gebraucht werden.
Die Arbeit mit dem Blog der jungen Selbsthilfe bedeutet mir dagegen sehr viel.
Warum das denn?
Hier lernt man viele neue und vor allem nette Leute kennen. Wenn es auch nur telefonisch ist.
Hat dir die Arbeit mit der Selbsthilfe denn überhaupt nichts gebracht?
Doch! Durch diese Arbeit habe ich viele Kontakte geknüpft. Leider nicht mit gleichgesinnten. Das ist für mich auch nicht so schlimm. Diese Kontakte helfen einem weiter. Ich kann diese einfach kontaktieren, dann bekomme ich Hilfe von denen. Soweit sie es können versteht sich. Durch diese Kontakte kann man dann wieder andere Leute kennen lernen. Die sehr wichtig sein können. So geht es dann immer weiter. Man könnte es Schneeballprinzip nennen.

Fazit: Die Arbeit mir den Selbsthilfegruppen habe ich aufgeben. Dann kommt auch kein Frust mehr auf.

Bossi: Selbsthilfe bedeutet für mich vieles. Bezogen auf meine Suchterkrankung garantiert mir die Leitung der Selbsthilfegruppe eine gewisse Stabilität im Hinblick auf meine Abstinenz. Abgesehen von meiner Erkrankung empfinde ich Selbsthilfe als eine Möglichkeit mit anderen Menschen, die dasselbe Leiden wie ich haben, in Austausch zu treten, neue Perspektiven zu erfahren und ggf. das ein oder andere festgefahrene Muster zu durchbrechen. Was ich dabei besonders faszinierend finde ist, dass die eigentliche Erkrankung (Sucht) oft nicht im Zentrum der einzelnen Gespräche steht, sondern es viel mehr um einen vorurteilsfreien Austausch über Probleme, Herausforderungen und Erfolgserlebnissen geht, die auch abseits der Sucht stattfinden.

Blue: vor einem halben Jahr hätte ich noch ganz selbstbewusst gesagt: „Selbsthilfe bedeutet für mich Stress“, hat hier und da tatsächlich auf für „Aufruhr“ gesorgt da das vielleicht ziemlich provokant formuliert ist. Mittlerweile würde ich sagen Selbsthilfe, ganz klar aus meiner Erfahrung empfinde ich als extrem spannend und aufregend. Sei es auf die Suche nach der richtigen Diagnose zu gehen oder im Austausch mit anderen feststellen das diese ähnliche Probleme haben und ganz anders damit umgehen. Aber auch musste ich feststellen das es hier und da hinderlich für mich sein kann, da ich mich in diesem gesamten Kosmus auch verlieren kann, wenn es zum Beispiel um Diagnose Spektrum geht oder die passende medikamentöse Behandlung. Ich kann mich sehr leicht von Lappalien mitreißen lassen die mich manchmal auch auf einen falschen Pfad führen können.

Bücherwurm: Die Selbsthilfe ist für mich mittlerweile eine Herzensangelegenheit. Habe ich mich damals noch gegen die Selbsthilfe gewehrt, gehe ich mittlerweile drinnen auf. Habe ich doch die erste Junge Gruppe hier im Umkreis gegründet. Bin durch einen Aufruf meiner Kontaktstelle in Berührung mit der Nakos gekommen und konnte dadurch so unfassbar viel lernen. Konnte durch die Selbsthilfe tolle neue Menschen kennenlernen, lernen mich abzugrenzen und ganz wichtig, ich konnte über mich hinaus wachsen. Mittlerweile leite ich 2 Selbsthilfegruppen, Schreibe im Blog für die Nakos, bin in der nächst größeren Stadt im Selbsthilfering aktiv und besuche hin und wieder auch die Stammtische der jungen Selbsthilfe in einer weiteren Stadt. Gefühlt habe ich überall meine Fingerleins dabei und das freut mich. Das ich hier die Selbsthilfe aktiv gestalten kann. Ich durfte und darf lernen, das ich mit meinen Problemen nicht alleine bin und das es vielen genauso geht.

Sky Walker: Selbsthilfe bedeutet für mich auf den Punkt gebracht: ein größeres (Selbst-)Bewusstsein zu entwickeln. Neben meiner Therapie verdanke ich es Podcasts, YouTube-Channels und diverser Literatur heute endlich zu verstehen, was da eigentlich warum und wie los ist mit mir. Erfahrungsberichte anderer Betroffener geben mir das Gefühl, nicht völlig allein mit meinen Schwierigkeiten zu sein (was lange Zeit unvorstellbar für mich war). Den Austausch mit anderen empfinde ich zutiefst inspirierend: sei es beim Umgang mit mehr oder weniger alltäglichen Problemen, die Perspektivwechsel oder einfach der Zuspruch von Leuten, die „wissen“ wie es ist. Diese Art von Rückhalt bewirkt ein Stück weit auch, dass ich demütiger auf mein gegenwärtiges Leben blicke. Das Schreiben hier im Blog ermöglicht mir außerdem eine neue und kreative Art der Reflexion meiner Gedanken und Gefühle, was ich ziemlich nice finde. Also ich kann mit Überzeugung sagen, dass ich ohne Selbsthilfe nicht mal ansatzweise so viele Therapieforstschritte auf meinem Weg gemacht hätte, wie es aktuell der Fall ist.

Gastautorin Zimtstern: Selbsthilfe ist für mich ein ungezwungener Austausch auf Augenhöhe, Möglichkeit neue Impulse zu bekommen, Verantwortung für sich übernehmen.. was andererseits aber auch belastend sein kann und nicht immer motivierend sein muss. Aber auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, sich anderer Ansichten und Wege bewusst zu werden bzw. diese im besten Fall auch umsetzen und in seinen eigenen Alltag integrieren zu können. Andererseits ist es für mich auch schön zu merken, wenn man anderen helfen kann, also muss sich „Selbsthilfe“ so ja nicht immer unbedingt auf einen selbst beziehen 😁 wobei man sich ja dann doch irgendwie auch hilft, wenn einen die Unterstützung anderer glücklich macht.

Autor*in: Alle zusammen

Wir sind die Blogautor*innen von Lebensmutig. Wir schreiben über unsere Erfahrungen mit Selbsthilfe, über unsere Erkrankungen und Themen und über die Herausforderungen, die wir bewältigen. Manchmal diskutieren wir untereinander über Themen, die uns gerade auf den Nägeln brennen. Dann dokumentieren wir das unter diesem Profil in einem besonderen Beitrag.

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