Gastautor: Narzisse 

Ich denke die wenigsten Menschen, wissen wie belastend ein narzisstischer Persönlichkeitsstil, für beide Interaktionspartner sein kann. Wir haben klare Stereotype, denn assoziiert wird er entweder oft mit großem Erfolg oder toxischem Verhalten. Klar, wir alle tragen narzisstische Eigenschaften in uns. Zuweilen diese uns in gesunder, wohl dosierter Ausprägung erfolgreicher machen können. Was ich aber nun sowohl während meiner vergangenen Psychoanalyse als auch in meiner jetzigen Verhaltenstherapie feststelle: Ein Persönlichkeitsstil assoziiert vor allem langanhaltendes Leid, Anpassung, Leistungsdruck und psychischen Stress. Die Anpassungsleistung, trotz psychischen Stresses, begünstigt Erfolg trotz des eigenen Leides. Ebenso aber auch toxisches, beziehungsweise, aneckendes Verhalten.

Ich habe einen sehr langen Diagnoseweg hinter mir. Anfang 17, war ich der Überzeugung, autistisch zu sein. Ich hatte ein besonders schlechtes Gefühl für mich selbst und andere. Insgesamt fühlte ich mich anders. Teils besonders, teils besonders unfähig. Es hatte mir niemand angesehen, aber ich verachtete alles „Normale“. Ich war der festen Überzeugung etwas besonderes zu sein. Daher brauchte ich mich auch nicht besonders anzustrengen.

Autistisch bin ich nicht, ADHS habe ich ebenso nicht. Es wurde mir nie eine soziale Phobie diagnostiziert. Zwar war ich einige Zeit der Überzeugung, traumatisiert zu sein, aber das wurde durch Fachleute auch nie bestätigt. Ich denke, hätte ich damals keine Psychoanalyse gemacht, dann hätte ich heute eine Persönlichkeitsstörung und wäre im Leben gescheitert. Auf der Suche nach Erklärungen für meine Gefühle, mein Handeln und mein seelisches Leid, habe ich mich mit diesen und anderen Diagnosen identifiziert. In der Psychoanalyse wurden meine narzisstischen Züge zwar häufiger thematisiert; für mich anerkannt habe ich diese aber nicht.

Mein Kernmotiv ist Kompensation. Ich projiziere meine eigenen Anteile, auf andere Menschen, um diese nicht bei mir, sondern beim Anderen behandeln zu können. Das können Wut, Angst, oder Selbstablehnung sein. Beispielsweise habe ich während meiner Ausbildung, meine eigene Angst auf meine Ausbilder projiziert. So war ich nicht derjenige, der Angst hatte, sondern die anderen waren mir gegenüber feindlich gesinnt.

Da sind schwierige und unterschwellige Prozesse am Werk, die niemand freiwillig steuert. Ich habe mich nie dazu entschieden, das zu tun. Es sind Mittel meines Bewusstseins gewesen, mit dem Alkoholismus, dem Mobbing meiner Mutter mir gegenüber und der Trennung meiner Eltern, umzugehen. Ich möchte euch ermuntern, diese Prozesse daher nicht abwertend zu betrachten. Jeder Persönlichkeitsstil hat eine unfassbare Anpassungsleistung an schwierige Umstände bewiesen. Wir werden nun mal alle erwachsen und leben nicht mehr zu Hause. Die Umstände sind andere, aber die Prozesse bleiben vorhanden. Jahrelane Introjektion und Projektion verschwindet nicht mit dem Auszug. Dennoch ist es wichtig, Verantwortung zu übernehmen.

Autor*in: Gastautor*in

Ab und an schreiben auch Gäste in unserem Blog. Gastbeiträge sind mit dem Namen "Gastautor*in" gekennzeichnet.

in Zusammenarbeit mit:

Logo Schon mal an Selbsthilfegruppen gedacht?