Blue: Bei der Überlegung, was Freiheit für mich bedeutet spüre ich Angst. Klar der erste Gedanke war, Freiheit ist absolut alles tun zu können ohne Einschränkungen, natürlich groß gefasst und schwammig. Aber Freiheit ist dann doch was ganz persönliches.
Freiheit bedeutet für mich persönlich so viel wie „sein dürfen“, klingt auf den ersten Blick vielleicht seltsam, aber genau das ist es für mich.
Ich würde gerne irgendwann mit meinem Mann durch die Stadt laufen, seine Hand nehmen ohne zu schauen ob irgendwer es sehen könnte, ohne die Gegend nach Menschen abzuscannen die möglicherweise gefährlich werden könnten. Ich möchte irgendwann frei von Angst sein und meinen Partner so lieben wie Millionen von Paare es schon immer durften.
Nicht immer überlegen müssen ob es sicherer für mich ist zu lügen oder meinen potentiellen Partner zu verleugnen.
Ich möchte frei von internalisierten Ängsten sein und mit queer gelesenen und gehörten Menschen in der Stadt rumlaufen können ohne Angst zu haben möglicherweise angegriffen oder gar getötet zu werden.

Also ja Freiheit bedeutet für mich „ich darf sein“ und vor allem „ich darf Lieben“

Der Maulwurf: Meine Freiheit ist ja durch all meine Behinderungen eingeschränkt. Ich wollte gerne Baumaschinengeräteführer werden. Dieses ging leider nicht. Also war meine Berufswahl schon einmal eingeschränkt.
Als ich dann den Führerschein gemacht hatte, dachte ich jetzt ist die Freiheit da. Diesen habe ich vor ungefähr 3 Jahren abgegeben. Es war mir einfach zu gefährlich im Straßenverkehr. Also war mir diese Freiheit auch wieder genommen. Ein kleines Stück Freiheit habe ich allerdingt wieder bekommen. Es ist mein Fahrrad mit drei Rädern. Mit diesem Rad habe ich meine Freiheit wieder zurückbekommen. Natürlich kann ich nicht so weit fahren, wie mit dem Auto. Die Orte die in meiner Nähe sind so erreichbar.

Bossi: Früher war Freiheit für mich eng mit dem Konsum verbunden. Nicht unbedingt mit dem Konsum von Substanzen, eher dem allgemeinen Konsum von Dingen, Aktivitäten und Möglichkeiten. Je mehr Möglichkeiten mir zur Verfügung standen, desto freier habe ich mich gefühlt. Ganz unabhängig davon, ob ich diese ganzen Dinge genossen habe oder nicht. Allein schon die Illusion zu haben, zwischen Vielem auswählen zu können, hat mir gereicht, um mich frei zu fühlen.
Heute ist es anders, eine Erkenntnis, die ich erst mit der Abstinenz für mich entdeckt habe. Freiheit heißt für mich nicht, eine breite Palette an welchen Optionen auch immer zur Auswahl zu haben und ggf. zu konsumieren, sondern im Einklang mit mir selbst das zu tun, was mir gut tut.

Sky Walker: Kommt ganz auf den Kontext an… Im Laufe meines Lebens hat sich meine Vorstellung von Freiheit ziemlich gewandelt. Vermutlich geht es den meisten so. Da ich verdammt arm aufgewachsen bin, hatte Freiheit für mich lange Zeit etwas damit zu tun, „genug“ Geld zu haben. Mir keine Sorgen über Essen, Miete und angesagte Klamotten machen zu müssen, war mein Inbegriff von Freiheit. Während meiner Zeit als Kinderkrankenschwester bedeutete Freiheit für mich vor allem (körperlich) gesund zu sein, weil ich tagtäglich miterlebt habe, wie Menschen Gefangene ihrer Krankheit wurden. Als ich mich mehr mit politischen Themen auseinandersetzte, wurde der Freiheitsbegriff für mich wesentlich komplexer. Als deutsche schwarze Frau wäre ich sehr wahrscheinlich zu keiner Zeit freier gewesen, als ich es hier und heute bin. DANKBARKEIT schreibe ich zwar in Großbuchstaben, trotzdem ist da noch ne Menge Luft nach oben; ich will hier jetzt aber keine sozialpolitische Debatte über Rassismus und Sexismus aufmachen… Seit meiner Therapie, bekommt Freiheit für mich noch eine ganz andere Dimension: die Innere. Das größere Bewusstsein für meine Verhaltensweisen und die Hintergründe meiner psychischen Probleme ermöglicht es mir, mich von inneren Zwängen und Lebensumständen zu befreien, unter denen ich so lange gelitten habe. Auch wenn es abgedroschen hoppyphilosophisch klingt: es gibt so vieles, was uns unfrei macht. Wenn ich also gefragt werde, was Freiheit für mich bedeutet, lautet meine Kurzantwort immer erstmal: Kommt ganz auf den Kontext an…

Gastautorin Zimtstern: im Prinzip (für viele) ein positives Konzept, für mich aber oft Überforderung. Da ich schon immer viele Freiheiten hatte und auch noch habe, wäre das Thema wohl eher (explizit) relevant, wenn ich diese nicht hätte und wüsste, über was ich mich beschweren könnte. Andererseits bedeutet sie täglich Stress für mich, da zu viele Freiheiten an unendlich viele Entscheidungen geknüpft sind, für die ich den Großteil meiner nicht vorhandenen Energie verschwenden muss, ohne wirklich definieren zu können, was überhaupt das Problem ist. Für anderes bleibt dann oft kaum noch Zeit/Motivation/Energie übrig, sodass ich gerne auch vermeide, die Freiheit zu nutzen, indem ich nichts tue. Natürlich ist Freiheit wichtig und sollte auch für jeden selbstverständlich sein. In welchem Ausmaß und in welchem Bereich ist aber dann die andere Sache, vor allem wenn man nicht gelernt hat, diese sinnvoll zu nutzen.

Bücherwurm: Nachdem mir erst zu dem Monatsthema nichts einfiel, machte ich mir doch mal Gedanken dazu. Was ist Freiheit? Für mich? Ich glaube, für mich ist es vor allem das Finanzielle. Nicht jeden Cent umdrehen zu müssen, auf alles verzichten zu müssen und auch mal was Unternehmen können ohne direkt Panik zu bekommen. Ja, das ist bei mir momentan nicht ganz so leicht, aber gibt sich hoffentlich irgendwann auch wieder. Sich einen Urlaub gönnen zu können und auch spontan mal ein Wochenende weg zu können. Oder aber auch einfach mal ins Auto springen zu können und ans Meer zu fahren und einen Tag abschalten können. Das Watt und die Weite der Nordsee zu genießen.

(Das Beitragsbild wurde mithilfe der KI Midjourney erstellt)

Autor*in: Alle zusammen

Wir sind die Blogautor*innen von Lebensmutig. Wir schreiben über unsere Erfahrungen mit Selbsthilfe, über unsere Erkrankungen und Themen und über die Herausforderungen, die wir bewältigen. Manchmal diskutieren wir untereinander über Themen, die uns gerade auf den Nägeln brennen. Dann dokumentieren wir das unter diesem Profil in einem besonderen Beitrag.

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