Ich hatte schon wieder eine ziemlich niederschmetternde Erkenntnis in meiner Therapie. Zumindest in diesem Moment niederschmetternd, mittlerweile mit etwas abstand eher als Lernfeld und Veränderungspotential zu betrachten.

Mir ist bewusst geworden, dass es in mir immer noch einen Teil gibt, der mich als chronisch depressiven, angstgestörten Menschen sieht, der es nicht schafft irgendwas durchzuziehen. Der erste Gedanke den ich habe wenn ich eine neue Idee habe ist „Ich kann das nicht“…. Mit dem Schema Modus Modell betrachtet ist das dem Eltern Modus zuzuschreiben. Ich bin der Überzeugung, dass dieser Modus mich klein halten will indem er mich immer noch als schwaches etwas (seine Worte nicht meine) identifiziert.

Ich bin schon lange kein chronisch depressiver, angstgestörter Mensch, der täglich mehrmals Stimmungsschwankungen hat und sein Leben nicht auf die Reihe bekommt. Ich habe seit Ewigkeiten keine Panikattacken mehr und keine stündlich wechselnden Stimmungsschwankungen die mich komplett aus dem Leben reißen und ich die Hälfte vom Tag nicht weiß wie ich damit umgehen soll. Ich nehme keine Drogen mehr und trinke keinen Alkohol mehr um mir einzureden das es mir damit besser geht und ich so mein Leben gewuppt bekomme.

 

Ich habe mittlerweile herausgefunden, dass ich eine ziemlich sprunghafte Person bin, vor Allem wenn es darum geht wie ich meine Zukunft planen möchte. Im vergangenen Jahr wollte ich schon eine Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement, Hörakustiker, Brillenmensch (ehrlich gesagt ist mir die Berufsbezeichnung so komplett entfallen) und noch so einige andere, wollte dann mein Abitur nachholen um Soziale Arbeit zu studieren, war mal wieder phasenweise davon überzeugt der nächste berühmte Schauspieler zu werden, wollte dann wieder nur eine Ausbildung machen. Dann dachte ich wäre es ja sinnvoll vielleicht doch eher eine berufliche Reha zu machen und dann das Abitur nachzuholen. Dann habe ich gehört ich könne eine Umschulung machen, dann war das auf meinem Plan. Wollte dann auf jeden Fall eine Umschulung zum Mediengestalter Bild und Ton machen. Dann bin ich jetzt wieder an dem Punkt wo ich sage ich brauche gar keine berufliche Reha und ich mache keine Umschulung, sondern mache nächstes Jahr die Ausbildung einfach auf dem ersten Arbeitsmarkt.

Wie oft ich in den letzten paar Monaten schon umziehen wollte kann ich euch auch nicht sagen, weil das auch gefühlt alle paar Tage eine andere Idee ist die mir da durch den Kopf geht.

Und jedes mal wenn ich so einen Gedanken habe, dann ist der erste Satz der darauf folgt: „DU kannst das nicht!“. Ja herzlichen Glückwunsch… Was macht dann mein sprunghaftes Gehirn? Genau es sucht sich eine andere Idee, so lange bis es endlich mal passt. Oder ich bin so sehr überkompensatorisch unterwegs und schaffe es mir komplett alles schön zu reden wie realistisch das alles ist.

 

Worauf will ich denn eigentlich hinaus?

Jedenfalls worauf ich eigentlich hinaus möchte. Falls es einem schon irgendwie zwischen den Zeilen aufgefallen ist geht es hier viel um Freiheitsgefühl, die Freiheit zu haben entscheiden zu können was ich denn machen möchte, gekoppelt mit der Angst nichts geschissen zu bekommen. Natürlich ist das in gewissem Maße zum Scheitern verurteilt, weil ich mich dann immer und immer wieder dem Elternmodus unterwerfe und jede Idee verwerfe, nur um zwei Tage später wieder eine andere zu haben.

 

Ich liege morgens im Bett, ich habe mir vorgenommen Laufen zu gehen (Wunschvorstellung von mir ein Mensch zu sein der jeden Tag laufen geht….), habe aber die Freiheit mich dafür zu entscheiden es zu tun oder eben nicht. Was mache ich? Ich unterwerfe mich dem Elternmodus der mich als kranken, unfähigen und nutzlosen Teil der Gesellschaft sieht und bleibe im Bett liegen. Kreislauf hier komme ich….

Natürlich ist der Grundgedanke irgendwie richtig, dass ich die Freiheit habe Entscheidungen zu treffen, gehe ich Laufen oder nicht, koche ich oder schiebe ich eine Pizza in den Ofen, räume ich die Wohnung heute auf oder morgen? All diese Entscheidungen kann ich frei treffen, wer möchte mich dafür verurteilen? Genau… Ich selbst, naja nicht wirklich Ich, sondern viel mehr der Teil in mir der darin bestätigt werden möchte das er Recht hat mit dem negativen Bild das es von mir hat.

Ich wollte eigentlich noch eine theatralisch emotionale Anekdote aus meiner Vergangenheit einfließen lassen, damit man nachvollziehen kann warum ich so sehr der Freiheit hinterher renne, aber das ist jetzt glaube ich gar nicht mal so wichtig. Freiheitsgefühl ist fundamental für jeden Menschen in unterschiedlicher Ausprägung wichtig.

Es geht viel mehr darum endlich meinem Elternmodus (sorry wenn ich echte Eltern damit angreifen sollte der Begriff wird in der Schema Therapie so benannt, es kommt nicht von mir) in die Schranken zu weisen, auch wenn ich es schon relativ oft schaffe, es geht hier ums große Ganze.

Der erste Impuls oder die Idee die ich habe das ist ja irgendwo der erste Freiheitsgedanke den ich habe. Aber wenn ich mich „frei“ dafür entscheide den alten Weg zu gehen, dann bin ich doch genauso gefangen in meinem Sein wie schon davor bevor ich einen Gedanken hatte der in eine andere Richtung geht.

Ich weiß nicht ob man irgendwie versteht was ich meine, oder ob das alles ziemlich wirr klingt, echt keine Ahnung. Aber mir geht es jetzt darum Entscheidungen zu treffen die gegen meinen Elternmodus gehen.

Keine berufliche Reha machen nur weil der Modus mich immer noch sieht wie ich vor 3 !!!! Jahren war, 3 Jahre ist eine verdammt lange Zeit, wenn ich mal ganz offen und ehrlich bin, der Mensch der ich vor 3 Jahren war, den gibt es so gar nicht mehr! Ich bin gewachsen, jeden Tag, bin an ganz anderen Punkten in meiner Therapie, als ich mir damals überhaupt hätte erträumen können, ich kann hinterfragen und reflektieren und weiß ganz genau, falsche Entscheidungen gibt es nur für mich, wer soll da groß was sagen? Niemand außer der Modus der einem immer einreden möchte alles im Leben falsch zu machen.

Aber der gesunde Erwachsene in mir der weiß ganz genau, jede Entscheidung die ich treffe wird mich irgendwo hinbringen, ob ich gescheitert bin oder nicht, ich lerne immer dazu. ich brauche mir kein Stress mehr zu machen wegen eines Modus der wenn er einen Menschen verkörpern würde in meinem Leben nicht mal stattfinden dürfte.

Autor*in: Blue

Das wird ein Kampf, ein Kampf um meine Gesundheit, ein Kampf um eine glückliche Zukunft und ein zufriedenes Leben. Diesen Kampf kämpfe ich gerne... zumindest die meiste Zeit.

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