Irgendwie paradox, einerseits bin ich ein Mensch der viel Ruhe braucht und wenn ich mir Gedanken darüber mache was ich als nächstes arbeiten möchte, dann ist einer der ersten Gedanken: “Oh das könnte stressig werden, ich hatte schon einen Burnout“. Dann suche ich mir direkt was anderes, merke aber im selben Moment, dass es bei jedem Job stressig werden kann, dementsprechend gebe ich die Suche dann leider viel zu schnell auf, weil ich Angst habe es wieder nicht zu schaffen.
Andererseits geht es mir immer wieder schlechter wenn ich in meinem Alltag Ruhe habe. Ein Tag ist noch in Ordnung, aber schon am zweiten Tag merke ich wie es mir schlecht geht. Ich bin komplett unterfordert und falle in destruktive Muster, indem ich zum Beispiel wieder vermehrt Esse um die Leere an Aufgaben zu füllen.
Es gibt Wochen da habe ich jeden Tag was zu tun, manchmal sogar 2 Termine an einem Tag und ich fahre in die nächst größere Stadt für die Termine, treffe mich noch mit Freunden und die Tage sind gefüllt, ich liebe es, geladen, voll unter Strom zu sein, ich brauche ein gewisses Feuer das in mir brennt, das mich antreibt und mich beben lässt.
Dann gibt es wieder Tage an denen ist nicht viel zu tun, ich erwische mich andauernd dabei zu sagen, dass ich gar nichts gemacht habe, was schlichtweg nicht stimmt. Aber habe ich 5 To Do´s schon um 14h abgearbeitet, dann ist der Tag schon hinüber. Was soll ich denn noch tun? Ich renne umher und suche Aufgaben, aber so Kleinigkeiten befriedigen mich nicht. Kochen? Das ist in 10 Minuten erledigt, also auch nicht wirklich was getan. Obwohl ich objektiv weiß, dass es ein verdammt produktiver Tag war, wenn ich einen Blogbeitrag geschrieben habe, die Wohnung aufgeräumt, die Wäsche gewaschen habe und einkaufen war. Aber irgendwie reicht das einem Teil in mir überhaupt nicht. Weil noch so viel vom Tag übrig ist.
Ich weiß nicht ob und in wieweit mein/e Glaubenssatz/Grundannahme: „Du bist faul“ oder „Du bist nur etwas wert wenn du leistest!“, der alleinige Auslöser für diese Situationen sind, ich glaube da steckt mehr dahinter, aber es ist noch versteckt. Ich habe auch irgendwie das Gefühl das es so eine enorme Kettenreaktion ist die auch mit meiner Sprunghaften Ader zu tun hat.
Wenn ich nichts zu tun habe dann kann ich den ganzen lieben langen Tag rum spinnen und philosophieren wie perfekt und sinnig jetzt meine 10. Idee von meinem Lebenskonstrukt ist die ich heute hatte und wie sicher die Möglichkeiten sind die sich mir damit auftun. Dann habe ich was zu tun.
Es fühlt sich nicht direkt wie Stillstand an, weil es passiert ja was, zukunftsorientiert, aber in solch einem Kreislauf nicht lösungsorientiert, weil die Lösung echt jede sein könnte und irgendwie auch keine. Zwei Tage später habe ich ja eine neue Lösung parat die noch perfekter und besser ist als die letzten fünf davor.
Ich habe große Angst davor mich zu überfordern, den gesellschaftlichen Normen nicht gerecht zu werden und wieder zu versagen, aber auch meinen ungesunden und unrealistischen Erwartungen an mich selbst nicht gerecht zu werden. Am liebsten den ganzen Tag zu tun haben, aber am besten nicht gestresst sein. Einen Job finden der mich erfüllt und bei dem ich mich weiterentwickeln kann, idealerweise noch „gut“ Geld verdienen kann, ich aber nur Teilzeit arbeiten kann um genug Zeit für meine Freizeit zu haben.
An sich schöne Illusionen aber leider eher etwas unrealistisch. Ich traue mir einfach nichts zu. Ich traue mir nicht zu ein produktives Mitglied der Gesellschaft zu sein, einer Gesellschaft die andere kaputt macht und selbst kaputt ist.
Wem muss ich eigentlich was beweisen? Der Gesellschaft, für die ich eh schon nicht mehr wichtig bin, weil ich kein funktionaler süchtiger oder funktionaler Kranker bin, weil ich nichts leiste. Meiner Mutter? Die immer gesagt hat ich soll besser sein als sie? Baut überhaupt keinen Druck auf… Mir selbst der zu hohe Erwartungen an mich hat, dessen Erwartungen nur internalisierte Vorstellungen der Leistungsgesellschaft sind und irgendwo zu einem kleinen Prozentsatz vielleicht nötig sind weil das gesamte System in dem wir leben auf Leistung getrimmt ist und man ohne Leistung nicht mal annähernd so leben kann wie man es sich vorstellt?
Ich habe das Gefühl ich drehe mich im Kreis. Ich mache und tue. Ich hinterfrage mich und meine Gedanken, Gefühle, mein Verhalten und ich bessere mich um ein halbwegs gesundes Wesen zu werden um nicht länger unter meinem ganzen Wirrwarr der überhaupt keinen Sinn hat zu leiden. Ich verstehe und verändere und mache und tue, nur um dann wieder vor einem neuen Problem zu stehen.
Ich organisiere, telefoniere, plane und terminiere und es passiert NICHTS, naja eigentlich schon, aber nicht für den Teil in mir der die Hütte brennen sehen möchte, der in den Flammen des Chaos am besten funktioniert. Mein Kryptonit das es schon immer gab, „WARTEN UND GEDULDIG SEIN“. Wie, wie soll der Teil in mir der Fortschritt erwartet, der ein Produkt haben möchte um zu sehen das sich etwas tut, zufrieden sein, wenn er es zu schnell erwartet. Letzte Woche die Idee gehabt und heute schon umgesetzt. Dumm eigentlich, nicht ich, sondern eher die Erwartungshaltung. Es ist in den allermeisten Situationen erforderlich, Geduldig zu sein und zu warten.
Er kann es aber nicht. Man merkt vielleicht wie zerrissen ich mich fühle, ich weiß ja objektiv so viel, aber auf der Gefühlsebene kommt es mal wieder nicht an. Ich spreche von Ihm und zeitgleich von mir. Ich meine die selbe Person, aber irgendwie nicht.
Nächste Woche, das weiß ich genau, da denke ich wieder ganz anders, da kommt es mir fremd vor so einen Beitrag überhaupt geschrieben zu haben. Nächste Woche ist wieder voll durchgeplant und ich bin die ganze Zeit dabei zu sehen das ich etwas tue, damit sich etwas verändern kann.
Nächste Woche weiß ich nicht mal mehr das ich diesen Beitrag überhaupt geschrieben habe, weil der Mensch der ich diese Woche bin, der nichts wirklich zu tun hat und damit kämpft den tag rum zu bekommen und der Mensch nächste Woche der am machen und tun ist, unterschiedlicher nicht sein könnten.

Autor*in: Blue
Das wird ein Kampf, ein Kampf um meine Gesundheit, ein Kampf um eine glückliche Zukunft und ein zufriedenes Leben. Diesen Kampf kämpfe ich gerne... zumindest die meiste Zeit.
Hey Blue,
danke für deinen Blog, ich lese deine Beiträge wirklich gerne.
Es beruhigt mich zu wissen, dass ich nicht alleine bin mit „sofortigen Negativgedanken“ wie bei dir nach Plänen.
Ich wünsche dir viel Kraft. Du hast mit diesem Eintrag jemanden ein gutes Gefühl gegeben – vielleicht ist der Gedanke für dich hilfreich. Es würde mich freuen.
Liebe Grüße
Hallo Firestorm 🙂
JAA! Der Gedanke zu wissen jemandem mit meinen Beiträgen ein gutes Gefühl zu geben ist sehr hilfreich für mich. Das zeigt mir immer wieder aufs Neue, dass ich ich irgendwas richtig mache mit dem was ich hier tue 🙂
Ich Wünsche dir alles GUTE! Und weniger Negative Gedanken für dich 🙂
Hallo Blue,
auch wenn es abgedroschen und beinahe floskelhaft klingt: ich verstehe (leider) zu gut was du meinst. Dieses innere Hin- und Hergerissen-Sein zwischen Über-und Unterforderung beschert mir stets und ständig Tage, die ich entweder mit To-Do’s so vollballere, dass ich unweigerlich an ihnen scheitern muss, oder aber welche an denen ich so viel Freiraum habe, dass ich an meiner Daseinsberechtigung zweifle. Die einzigen – ziemlich unbefriedigenden – Worte die mir dazu einfallen sind: die größte Challange ist es oft, mich in Geduld darin zu üben, irgendwann das Geduldig-sein zu lernen. Mega ätzend irgendwie.
Die Angst davor, mit den eigenen Schwierigkeiten nie den (leistungs-)gesellschaftlichen Anforderungen gewachsen zu sein klatscht sich mit der Gewissheit darüber ab, diesen Pseudostandards überhaupt nicht entsprechen zu wollen.
So schön die Vorstellung darüber auch ist, dass die Wahrheit vermutlich irgendwo in der Mitte liegt, so hohl fühlt sich dieser Zahn der Erkenntnis an. Wann bin ich endlich zufrieden? Wann bin ich mir selbst (und der Gesellschaft) genug (und wer entscheidet überhaupt wann etwas genug, zu viel oder zu wenig ist?)? Wann stellt sich dieses diffuse Gebilde der Akzeptanz endlich ein? Was ist, wenn das nie der Fall sein wird? Fragen, auf die ich keine Antworten habe. Antworten, von denen ich zunehmend glaube, dass sie nicht statisch sondern dynamisch sind… Heute so, morgen so… Ebbe und Flut… Hell und dunkel… bla und noch mehr bla…
Sei gegrüßt und wisse (auch wenns nur ein äußerst schwacher Trost ist), dass du sowas von nicht allein damit bist! LG
Hallo Skywalker,
Wahre Worte. Das mit der Geduld ist leider so eine Sache. Du hast es eigentlich schon recht gut beschrieben, geduldig sein Geduld zu üben. Es ist fast eine Mammutaufgabe. Aber ich bin mir sicher, das wir – all jene die Probleme damit haben – irgendwann einen recht guten Umgang damit finden werden, dass wir eines Tages vielleicht auch mit einer gewissen Gelassenheit der Ungeduld gegenüberstehen können, auch wenn es sich schon fast illusorisch anhört (gibt es das Wort überhaupt? :D)
Die Fragen die du dir da stellt, die habe ich mir auch schon sehr oft gestellt und wie du schon festgestellt hast sind eben diese Antworten dynamisch, fließend, es gibt kein Patenrezept darauf. Es gibt für jeden Tag eine andere Lösung, ein anderes Rezept. Aber mit der Zeit haben wir ein Rezeptbuch zusammengestellt, müssen nur das Rezept raussuchen und mit etwas Übung können wir blind kochen und es schmeckt immer besser.
Vielleicht etwas zu bildlich gesprochen, aber ich glaube man kann verstehen was ich meine.
Ich wünsche dir ALLES GUTE! 🙂
Moin Blue,
auf meiner Suche nach der Bedeutung der Aussage: „Du hast genug mit dir selbst zu tun. …“ nach meiner Aussage: „Die Kinder dürfen nicht an der jetzigen Situation leiden.“, fand ich deine Zeilen und die Kommentare.
Dass es mehr Gedanken-Wanderer gibt, finde ich gut, fühle ich mich in dem Leistungsgetriebe der Gesellschaft mit oft einstimmigen stumpfen Floskeln doch oft als unliebsames Sandkorn.
Sicher jeder ist mit seinen Gedanken und Gefühlen allein, die sich oft auch ändern, doch ohne sie wären wir einsam. Uns würde etwas arg fehlen, was uns ausmacht 😉
Schön, dass es uns gibt!
LG