»Ich habe schon lange nicht mehr so viel gelacht wie heute«, schreibe ich an eine Freundin, während ich in meinem Hostelbett liege. »Wo bist du denn?“«, fragt sie und meine Antwort hätte sie wohl nicht erwartet: beim Patientenkongress Depression.
Ich war erst unsicher, ob ich zu dem Kongress fahren soll. Mit tausenden Menschen in einem Raum zu sitzen ist für meine Ängste nicht gerade das angenehmste. Was mache ich, wenn ich plötzlich eine Panikattacken bekomme und es keine Fluchtmöglichkeit gibt? Und wenn ich in den Pausen total unbeholfen alleine in der Ecke stehe? Aber wie immer waren diese Sorgen total unbegründet. Ich spürte zwar eine gewisse Grundanspannung, meinen Herzschlag bin in den Arm pulsieren und Unregelmäßigkeiten beim Atmen, aber auch das konnte ich bei dem abwechslungsreichen Programm gut ignorieren.
Moderator Harald Schmidt und Comedian Torsten Sträter sorgten für viele Lacher, Marie-Luise Gunst berührte die Besucher mit ihren Songs und die Fachvorträge verdeutlichten, wie viele Irrtümer über Depressionen noch im Umlauf sind. Besonders bewegend war das gemeinsame Musizieren von „Tri Tra Trullala“ in sechs Stimmen mit Boomwhackers. Das Gefühl, dass alle tausend Menschen GEMEINSAM eine Melodie spielen, die man so alleine nicht spielen könnte, war ganz besonders. Der größte Gänsehautmoment für mich.
Besonders gefreut hat mich auch das Wiedersehen mit dem Gedankentänzer. Und auch zwei Menschen, die ich bisher nur von ihren Instagram-Accounts kannte, durfte ich kennenlernen. Ich glaube es sind besonders die persönlichen Gespräche aus denen ich am meisten mitnehme. Am liebsten würde ich auch die vertrauensvolle Atmosphäre mitnehmen, die auf Betroffenen-Veranstaltungen wie dieser herrscht. Offenheit und Vertrauen, auch über die Schattenseiten des Lebens sprechen zu können.
Als ich am Samstag Morgen in das Gewandhaus eingetreten bin, habe ich mich im ersten Moment allerdings doch etwas fehl am Platz gefühlt. Der Altersdurchschnitt lag geschätzt bei um die 60 und ich frage mich: Wo stecken die ganzen jungen Depressiven?
Autor*in: Mutsammlerin
An ein Leben ohne Angst kann ich mich nicht erinnern. Aber ich kann davon träumen, die Angst aushalten und für meine Träume kämpfen.
Hallo liebe Mutsammlerin!
Es freut mich total zu lesen, dass du eine gute Zeit hattest. Die Veranstaltung hat ja für viel Aufsehen gesorgt. Ich hab’s auf mehreren Social Media Kanälen verfolgen können 🙂 Super, dass ihr den Altersdurchschnitt ein wenig runtergezogen habt und für die jungen Depressiven präsent wart!
Liebe Grüße
Claudia
Hallo Claudia,
ja, die Veranstaltung war auch auf Social Media sehr präsent – lustig eigentlich, da würde man ja glatt denken es wären viele junge Leute da gewesen. 🙂
Liebe Grüße
Hallo Mutsammlerin, ich bin 23 und war am Samstag auch auf dem Kongress. Tatsächlich ist mir das mit dem Altersdurchschnitt auch aufgefallen, weil ich in einem Bus von meinem Landkreis mitgefahren bin. Ich war dort die Jüngste, der überwiegende Teil war 50 bzw. 60+. Die Gründe dafür weiß ich leider auch nicht. Ist es wirklich so schlimm, sich in jungen Jahren mit einer Depression zu outen? Oder liegt es daran, dass sich der Großteil keine Hilfe holt?
Leider gibt es in meiner Region auch keine Angebote für junge Selbsthilfe – wahrscheinlich auch ein Grund.
Liebe Grüße
Claudia
Hallo Claudia,
wie schön, dass noch jemand junges da war 🙂
Ich fand es so merkwürdig, weil ich in meinem Alltag nur jungen Leuten mit Depressionen begegne und ich das Gefühl habe, dass vielleicht auch durch Social Media da mehr Offenheit herrscht als bei den Älteren. Deshalb war der Kongress so überraschend. Aber vielleicht ändert sich das im Laufe der Jahre ja noch – wäre ja schön.
Das ist ja schade, dass es in deiner Region keine Angebote für die junge Selbsthilfe gibt. Ich glaube in meiner Stadt war unsere Gruppe auch die erste, die nur für junge Menschen war. Aber was nicht ist, kann ja noch werden 😉
Liebe Grüße
Mutsammlerin