Schon den ganzen Monat lang überlege ich, was ich zu dem Thema Erfolg schreiben kann. Häufig kam ich zu dem Schluss, am besten gar nichts zu schreiben. Aber vielleicht ist es gerade deshalb wichtig, doch ein paar Worte zusammenzusuchen.
Eigene Erfolge zu sehen ist nicht gerade meine Stärke. Das erste Problem dabei ist für mich, dass man immer alles noch besser machen kann. Das führt dann zum zweiten Problem, denn in meinen Augen würde den Erfolg wahrnehmen bedeuten, dass man mit sich selbst und seiner Leistung zufrieden ist. Und mit mir selbst zufrieden zu sein würde wohl voraussetzen, dass ich mich selbst so akzeptieren kann, wie ich bin. Das ist dann das dritte Problem.
Wenn ich mal versuche, all diese Gedanken beiseite zu schieben und auf das Jahr zurück zu blicken, dann gibt es schon ein paar Dinge, die ich als kleinen Erfolg benennen könnte. Der Bachelorabschluss. Die vielen Auftritte auf der Bühne. Die Ausreise nach Bulgarien. Und doch merke ich, dass sich da ein Widerstand in mir auftut, während ich das schreibe. Denn das sind schließlich alles Dinge, die auch andere geschafft haben. Also nichts besonderes. Dinge, die vielleicht auch von mir erwartet wurden, dass ich sie schaffe und Dinge, die wahrscheinlich vor allem von mir selbst erwartet werden, dass ich sie schaffe.
Besonders in diesem Zusammenhang fällt es mir sehr schwer, mich nicht mit anderen zu vergleichen und vor allem auch zu bedenken, dass ich mich gar nicht mit anderen vergleichen kann. Denn für mich kommen durch die Ängste noch ganz andere Herausforderungen hinzu. Für meine Angsterkrankung ist es nicht selbstverständlich, einen Uniabschluss zu schaffen. Erst recht nicht auf einer Bühne zu stehen oder für ein Jahr ins Ausland zu gehen. Das sollte ich mir wohl häufiger in Erinnerung rufen – gerade in Zeiten, in denen ich stark an mir und meinen Fähigkeiten zweifle.
Der Erfolgsmoment, der die größte Bedeutung für mich hatte in diesem Jahr war Anfang des Jahres bei der Aufführung von einem Theaterprojekt. Nachdem ich erst vor Angst schon für das Projekt abgesagt hatte, bin ich umso dankbarer, dass ich durch die lieben Worte der Choregrafin doch wieder mitgemacht habe. Dass es nicht nur beim Tanzen bleiben würde, war schon bei dem Auswahlworkshop klar, als wir auch noch sprechen und singen sollten. Die anderen haben es gemacht. Ich nicht. Und auch auf die Frage, ob man auf der Bühne etwas sagen würde, schüttelte ich anfangs noch vehement den Kopf, schließlich war es schon ein Kampf bei den Proben vor den anderen 11 Teilnehmenden ein Wort rauszubekommen. Und dann war der Aufführungstag gekommen und auch ich stand mit dem Mikro in der Hand auf der Bühne und habe meine Sätze gesagt. Ein wichtiger Moment für mich, der mir viel Hoffnung und Kraft gegeben hat. Und das schönste war zu merken und nachher zu hören, wie sich alle anderen Teilnehmenden für mich gefreut haben.
Autor*in: Mutsammlerin
An ein Leben ohne Angst kann ich mich nicht erinnern. Aber ich kann davon träumen, die Angst aushalten und für meine Träume kämpfen.
Hallo Mutsammlerin und die anderen Autor*innen, ich finde eure Beiträge toll. Ich bin schon gespannt auf den Dezember und das neue Thema.
Auch wenn ich selbst bislang nicht in einer Selbsthilfegruppe aktiv bin, kann ich hier durch eure Beiträge bestimmt neue Sichtweisen entdecken. Zum Beispiel hadern wir ja alle – oder zumindest die allermeisten von uns – mit eigenen Misserfolgen und eben auch Erfolgen. Letztes Jahr war ich in Dänemark in einem Café, in dem der Kuchen damit beworben wurde, dass er zu „60 bis 90 Prozent bio“ sei. Seither versuche ich, mich in vielen Situationen mit 60 bis 90 Prozent zu begnügen. Meistens ist das ja völlig ausreichend und sogar ziemlich gut.
Dir und den anderen weiter viel Erfolg beim Schreiben hier und bei allem, was euch wichtig ist.
Tolle Idee, Niclas! 🙂
Lieber Niclas,
es freut mich, dass dir der Blog gefällt und ich denke auch, dass man viel aus den verschiedenen Beiträgen mitnehmen kann. Ich selbst lese immer gerne von allen anderen die Beiträge und schaue, was ich für mich daraus mitnehmen kann ☺
Und danke für das Teilen deines Kuchen-Gedankens. 60 bis 90 Prozent sind oft wirklich ausreichend und häufig schon sehr gut.
Liebe Grüße!
Liebe Mutsammlerin, Du sprichst mir aus der Seele – diese ganzen Selbstzweifel und hohen Ansprüche an sich selbst. Ich kenne das gut. Es wird besser, wenn man dran bleibt und sich traut, sich selber zu loben. Klappt nicht immer, aber manchmal. 😉
Und Du kannst ganz doll stolz sein auf Dich, denn mit gesundheitlichen Belastungen haben wir es ja immer nochmal doppelt schwer. Eigentlich dürften wir uns da ja mal doppelt loben…
Danke für deine lieben Worte, lieber Gedankentänzer 🙂 Es ist beruhigend zu hören, dass das für andere auch schwierig ist, aber vor allem, dass es besser werden kann 😉 es ist wohl wie mit allen Dingen und man muss es immer wieder versuchen, damit es einfacher wird.
Liebe Mutsammlerin.
Ich sehe mich sehr in diesem Text wieder, in diesen Gedanken. Auch wenn ich nicht die Herausforderung einer Angsterkrankung habe. Trotzdem fällt mir eigenen Erfolg feststellen und feiern sehr schwer.
So wurde mein eigener Text unabhängig zu dir zum Thema ähnlich.
Zu “das haben andere auch geschafft =nichts besonderes, kein Erfolg.”
Zum ersten haben andere einfachere Voraussetzungen gehabt. Keine Angsterkrankung.
Zum zweiten hatten die auch Erfolg gehabt und du also auch, egal wie viele das schaffen.
Denn auch gibt es immer die, die es nicht schaffen auf einer Bühne stehen. Ohne zu sehr werten zu wollen. (Wer nicht auf der Bühne steht, hat vielleicht erfolgreich ein Stück geschrieben.)
Aber ich messe es einfach daran, dass es schwer war. Für dich war da eine Hürde und du hast du sie überwunden. Ich hoffe du kannst darauf stolz sein, immer öfter.
Dieser letzte Schritt fehlt mir selbst schwer, selbst es fühlen als Erfolg. Stolz sein ohne Wenn und Aber.
Vielleicht… Muss man das einfach üben…
Liebe Grüße
Man ließt sich 🙂
Buchstabenspielerin.
Liebe Buchstabenspielerin, ich danke dir sehr für deinen lieben Kommentar. Und du hast recht. Man muss sich immer wieder daran erinnern, dass man sich gar nicht mit anderen Menschen vergleichen kann, weil jeder andere Schwierigkeiten und Hürden hat. Deinen zweiten Aspekt finde ich besonders schön – so habe ich noch nie gedacht, aber eigentlich ist der Gedanke nur logisch: Wenn die anderen Erfolg hatten, weil sie z.B. auf der Bühne standen, dann gibt es schließlich keinen Grund, wieso die selbe Tatsache für einen selbst anders sein sollte. Danke für diesen Gedankenanstoß! 🙂
Liebe Mutsammlerin, ui, hier sind ja schon viele Kommentare. Euren Meinungen schließe ich mich an. Dass man nur an sich glauben muss, dann wird schon alles gut.
Immer wenn ich deine Beiträge lese, Mutsammlerin, dann denke ich, oh man du bist so mutig, das würde ich auch gerne schaffen was du alles auf die Beine stellst. Und hör auf dich so schlecht zu machen, du bist gut so wie du bist. Ich weiß dass man sich das jeden Tag sagen muss, ich muss mir das auch jeden Tag sagen, aber seitdem ich an mir ein bisschen gewachsen bin, merke ich auch dass die Erfolge mehr werden, man muss immer mit einer guten Einstellung mit der nächsten Hürde umgehen. Also Mandy, ran an das nächste Projekt, ich drücke dir die Daumen, ich gebe dir einen Tipp, hör mal mein Lied „Du bist“, dann weißt du was ich meine, gib einfach bei Youtube ein Paloma in action- du bist.
Liebe Rainbow, ich freue mich immer so über deine lieben Kommentare. Du Herzensmensch!
Ich finde deine Stärke so beeindruckend! Du bist so ein starker und wundervoller Mensch. Und das Lied habe ich mir gerade angehört – es ist wunderschön.