Die E-Mails an die Dozenten sind raus. Endlich habe ich mich überwinden können, den Lehrenden zu schreiben und jetzt heißt es warten. Warten auf Rückmeldung. Warten auf eine Antwort. Warten auf eine positive Nachricht. Oh, auch wenn das Wetter es nicht gleich vermuten lässt, fällt mir grad auf, dass Urlaubszeit ist… d.h. ich muss noch länger warten.

Ich hasse es zu warten. Warten stellt mich immer vor sehr große Herausforderungen. Zum einen ist es die Herausforderung, meine Gedanken wieder einfangen zu müssen, da diese sich die schlimmsten Szenarien ausmalen. In den düstersten Farben zeichnen sie die schrecklichsten Antworten. Natürlich können die Antworten auf meine E-Mails positiv ausfallen. Sehr wahrscheinlich sogar. Doch dem Kopf fallen nur die ein, die mir zum Nachteil werden könnten. Warum sollte der Kopf auch tolle Szenen kreieren, schließlich ist er doch so geübt darin, das schlimmste vom schlimmsten mir unter die Schädeldecke zu treiben. Manchmal kommt es mir so vor, als würde er es regelrecht genießen, mich damit heimzusuchen und mich damit in den Wahnsinn zu treiben.

Neben den Gedanken, die eingefangen werden müssen, gibt es noch etwas womit ich nur sehr schwer klar komme, nämlich dem Gefühl, die Kontrolle entzogen zu bekommen. Ich hasse es, nicht die Kontrolle über Dinge zu haben, die mich betreffen. Ich kann es nicht ausstehen, wenn ich keinen Einfluss mehr darauf habe, was als nächstes passiert. Darauf warten zu müssen, ist für mich unerträglich. Paradoxerweise gibt es sehr viele Momente, Gelegenheiten und Situationen in meinem Leben, in denen ich keine Kontrolle habe und es mir nichts ausmacht diese nicht zu besitzen. Meistens merke ich es nicht einmal, dass meine Zukunft in den Händen anderer liegt. Beim warten jedoch wird mir diese Zustand plötzlich bewusst und fährt ganz ohne Vorwarnung in mich ein und das, obwohl ich es doch eigentlich besser wissen müsste. Ist ja nicht das erste Mal, dass ich auf eine Antwort warte.

Was also tun, um die Gendanken zu bändigen? Wie handeln, um die Kontrolle wieder zu erlangen? Alles gute Fragen, auf die ich spontan nur mit diesem Text antworten kann. Ich habe nicht das Allheilmittel, die Faustformel, das Patentrezept für das Gewinnen der Kontrolle und Bändigen der Gedanken. Je nach Situation sind diese auch total unterschiedlich. Was in der einen Situation hilft, kann in der nächsten schon wieder komplett wirkungslos sein. Jedoch merke ich in dem Moment, in dem ich diese Zeilen schreibe und mir so viele Gedanken über das Warten mache, das Warten an sich schon fast ganz vergessen habe und die letzte Aktualisierung meiner E-Mail schon länger zurück liegt. Während ich so über das Warten schreibe merke ich, dass das Warten plötzlich auch kein Zustand mehr ist, der mich gefangen hält, sondern zu einem Betrachtungsgegenstand geworden ist, den in meinen Händen halte. Ein Gegenstand, den ich ganz nach meinem Willen drehen, bewegen und betrachten kann. Ohne es zu merken, stelle ich in diesem Augenblick auch fest, dass die ekelhaften Gedanken nichts weiter sind, als bloße Hirngespinste, die mich jetzt nur noch zum Lachen bringen. Zum einen über die Gedanken und zum anderen über mich selbst.

Auch wenn ich mit diesem Text nicht die Antwortgeschwindigkeit meiner Dozenten beschleunigen kann und konnte, ist es mir dennoch gelungen, die Wartezeit zu überbrücken, meine E-Mail weniger häufig zu aktualisieren und mit einem Lächeln den Laptop zuzuklappen.

Autor*in: Bossi

Ich möchte meine eigene Gruppe etwas anders angehen und die üblichen Runden einer Selbsthilfegruppe mit ein paar innovativen Methoden etwas beleben. Über eben diesen Einsatz von Methoden in der Selbsthilfe, meine Erfahrungen damit und meine persönliche Suchtgeschichte möchte ich im Blog berichten und mich darüber austauschen.

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