Wann, wo und wie bin ich eigentlich zur Selbsthilfe gekommen? Was war damals der Anlass und wo meine erste Gruppe?

Ich muss gestehen, dass ich mich nicht mehr so ganz daran erinnere, welche der vielen Gruppen, die ich vor ca. 8 Jahren ausprobiert habe, meine erste war: Hochsensible, Schwule Männer mit Depressionen, Emotional Abhängige… Ich war damals auf der Suche nach Gemeinschaft und Austausch mit Menschen, die gleiches erlebt hatten. Ich wollte wissen, wie es anderen mit den Themen ging, die mich bewegten; welche Erfahrungen sie gemacht hatten und wie sie ihr Leben bewältigten. Mal etwas anderes als der therapeutische Rahmen, in dem ich mich bis dahin bewegt hatte. Gespräche auf Augenhöhe zwischen gleichermaßen Betroffenen. Keine professionellen Ratschläge, sondern ganz lebensnahe Tipps. Aber vor allem: Verständnis.

Meine Güte, war das heilsam! Anfangs war mir in fast jeder Gruppensitzung zum Heulen zu Mute – entweder, weil mich das Gesagte von jemand anderem bewegte, weil ich selber etwas erzählte oder einfach, weil ich so glücklich und erleichtert über diesen Austausch war.

Leider gab es damals (2012) noch keine Gruppe für Depressive meines Alters in Hamburg. Also beschloss ich nach einem Gespräch mit einer KISS-Mitarbeiterin selber eine solche Gruppe zu gründen (KISS ist die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen in Hamburg: https://www.kiss-hh.de). Ich bekam dort Unterstützung bei der Umsetzung, Tipps für die Moderation und für Gruppenregeln, Fortbildungsangebote usw. Ich lernte eine Menge in dieser Zeit. Die Gruppe gab es ca. 1,5 Jahre lang; nach meinem Weggang löste sie sich leider auf. Wie ich später erfuhr entstanden aus dieser Initiative jedoch zwei neue Gruppen für junge Erwachsene mit Depressionen in Hamburg. Der Stein war ins Rollen gebracht worden!

Stadtskyline am Wasser mit SonnenuntergangMittlerweile gibt es eine ganze Handvoll davon und auch zu anderen Themen gründen sich hier Gruppen für junge Erwachsene. Ich bin seit April 2017 selber wieder in einer Gruppe für junge Depressive, die ich auch mitgegründet habe. Dieses Mal distanziere ich mich bewusst etwas von der Leitungsfunktion, übernehme ab und zu die Moderation, gebe aber auch Aufgaben an andere ab. Ich möchte mich nicht jedes Mal so verantwortlich fühlen, sondern auch einfach mal nur „ganz normaler“ Teilnehmer sein.

Wir sind derzeit etwa zehn Personen im Alter von 24 bis 35 Jahre, Frauen und Männer gemischt. Wir nehmen auch ab und zu Neue auf, aber sehr viel größer soll die Gruppe erstmal nicht werden. Natürlich kommen nicht jede Woche alle Mitglieder zum Treffen; wir sind meist zu sechst oder siebt, in wechselnder Besetzung.

Der regelmäßige Austausch dort tut mir nach wie vor wahnsinnig gut und über die Zeit sind dort sogar ein paar Freundschaften entstanden. So sehr ich die Erkrankung oft auch verfluche und mir wünsche, ich hätte etwas mehr „Normalität“ in meinem Leben – dort, in der Selbsthilfegruppe verbindet sie Betroffene und schafft ein besonderes Gefühl der Gemeinschaft.

Autor*in: Gedankentänzer

Als junger, von Depressionen betroffener Mensch engagiere ich mich seit vielen Jahren in der Selbsthilfe, weil ich der Stigmatisierung von psychischen Leiden etwas entgegen setzen und mich für mehr Offenheit und Aufklärung stark machen möchte. Gedankengänger macht gerade eine Schreibpause

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