Kostümständer Statisterie

Schon von draußen hört man aus den Fenstern Töne erklingen. Von Sängern und Musikern, vom Training der Tänzer, die Stimmen der Schauspieler. Ich betrete durch den Bühneneingang das Theater, wünsche dem Pförtner einen guten Abend und bahne mir meinen Weg durch das Theaterlabyrinth bis zur Damenumkleide. Dort angekommen suche ich mir mein Kostüm, ziehe mich um und es geht in die Maske. Es fühlt sich gut an, geschminkt zu werden. Erst dann kann ich mich in meinem Kostüm wohl fühlen und in meine Rolle schlüpfen. Über die Lautsprecher hört man den Intendanten die Zeitangaben und den Einlass durchgeben. Gleich geht es los. Es werden die letzten „Toi Toi Toi’s“ gewünscht und schon hat die Vorstellung begonnen.

Die Wärme des Scheinwerferlichts, der Geruch der Bühne, am Ende der Applaus – ein unbeschreibliches Gefühl.

Seit Anfang des Jahres bin ich in der Statisterie unseres Stadttheaters und habe das Glück in dieser Spielzeit in zwei Opern mitwirken zu dürfen. Die eine Oper ist „Das Rheingold“ von Wagner. Dort sind wir 20 Statisten, die die kompletten zweieinhalb Stunden als Erdlinge auf der Bühne liegen, kriechen oder stehen. Das kann ganz schön anstrengend sein. Dagegen ist die andere Oper, „Orlando Paladino“ von Haydn, deutlich entspannter. Unser Auftritt beschränkt sich auf eine Szene, in der wir uns in einer Wahnvorstellung des Orlando befinden und seine Geliebte Angelica doublen. Wir müssen wild tanzen, den Orlando wie Zombies anstarren und werden von ihm umgebracht, können aber wieder aufstehen, um ihn von der Bühne zu schieben.

Kostüm Orlando

Kostüm aus der Oper Orlando Paladino

Für mich war die Bühne im Stadttheater nicht unbekannt. Jeden Sommer haben wir dort einen Auftritt von der Ballettschule. Aber es ist trotzdem eine neue, unbekannte Erfahrung, an einer richtigen Inszenierung mitzuwirken. Am Anfang hat es mir riesige Angst bereitet. Beim Pförtner vorbeigehen zu müssen, die vielen fremden Menschen, die neuen Aufgaben. Das kostete mich jedes mal wieder eine große Überwindung und ich habe oft an mir gezweifelt.

Aber das was zählt ist ja, dass ich es geschafft habe, mich immer wieder meiner Angst zu stellen. Vor Hunderten an Menschen auf der Bühne zu stehen, auch wenn das meinen sozialen Ängsten gar nicht passt. Ich habe das Gefühl, während dieser Zeiten einen kleinen Funken an Selbstvertrauen in mir zu spüren. Das ist ungewohnt. Aber ganz angenehm. Deshalb freue ich mich schon auf die weiteren Vorstellungen der beiden Opern.

Autor*in: Mutsammlerin

An ein Leben ohne Angst kann ich mich nicht erinnern. Aber ich kann davon träumen, die Angst aushalten und für meine Träume kämpfen.

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