Stellt euch vor, die Patient/innen in meiner Reha-Klinik werden immer jünger. Mittlerweile habe ich schon mehrere Mittdreißiger kennengelernt und sogar zwei junge Frauen, die erst Ende zwanzig sind. Allerdings muss ich sagen, dass mein Respekt, den etwas Älteren gegenüber immer größer wird. In meinem Gymnastikkurs ist ein 89-jähriger, der durchaus mit den jüngeren mithalten kann. Und mit einer 81-jährigen Hüftpatientin habe ich mich besonders angefreundet. Zuerst war sie ein bisschen verloren und ich habe ihr beim Zurechtfinden geholfen. Mittlerweile läuft sie fröhlich mit ihrem Walker durch die Gegend und erzählt mir von den verschiedenen Anwendungen, die sie gerade bekommen hat.

Bei mir am Tisch sitzt seit einer Woche ein volltätowierter 62-jähriger Herzpatient mit grauem Pferdeschwanz, der alles hier „Sch…“ findet: das Essen, die Ärzte, die Therapien … Die meiste Zeit verbringt er in dem Raucherhäuschen, das sich weit weg am Hintereingang der Klinik befindet. Denn seine täglichen Zigaretten lässt er sich nicht verbieten.

So unterschiedlich sind die Leute hier. Aber jetzt wollte ich euch noch von meinen Erkundungen in Sachen Selbsthilfefreundlichkeit berichten: meine Klinik ist da nicht gerade sehr vorbildlich. In einem Einführungsvortrag wird zwar auf Selbsthilfegruppen hingewiesen, aber nicht darauf, ob sich hier auch welche treffen oder zu welchen Themen es sie gibt. Ich hab deshalb einfach mal an der Rezeption gefragt. „Ja, gibt es wohl“, sagte die nette Dame zögernd, „Stoma, und ich glaube auch Lebertransplantierte.“ Wo und wann die sich treffen, wusste sie nicht, da müsste ich den Sozialdienst fragen.

Da sieht es bei der Knappschaftsklinik nebenan schon anders aus. Die ist als selbsthilfefreundliche Klinik ausgezeichnet, hat eine Selbsthilfebeauftragte und beim Herumschnüffeln dort habe ich tatsächlich in einer Sofaecke Aushänge und Informaterial entdeckt.

Und das sagt die Klinik selbst dazu:

„Unsere Klinik kooperiert aktuell mit acht Selbsthilfegruppen. Die Kooperation wird seit 2014 im Rahmen des Projektes „Selbsthilfefreundliche Reha-Klinik “ systematisch und strukturiert, anhand von definierten Qualitätskriterien, weiterentwickelt. Das Ergebnis ist eine verlässlich gestaltete Kooperation auf Augenhöhe zwischen den beteiligten Selbsthilfegruppen und der Knappschafts-Klinik Bad Driburg. Durch die intensive Zusammenarbeit wird eine optimale Versorgung und Information der Patienten insbesondere im Hinblick auf eine effektive Nachsorge und Erhalt bzw. Verbesserung der Lebensqualität bei chronischen oder schweren Erkrankungen noch besser sichergestellt.“

Na, das ist doch was. Wie es in der Praxis aussieht, weiß ich natürlich nicht, und ob die Patient/innen sich dafür auch interessieren, ist natürlich auch noch mal eine andere Sache.

So, ihr Lieben, jetzt gehts für mich schon wieder weiter zum Feldenkrais-Training. Tschüss, bis zum nächsten Mal. Euer RE-HAse

Autor*in: RE-HAse (2018-2019)

... hatte 2017 Jahr ganz schön Pech und sich gleich zwei Mal den Fuß ziemlich heftig gebrochen. Was folgte, waren viele Schmerzen, viel Ungeduld und die Erkenntnis, dass es nie wieder so wie früher sein wird. RE-HAse hat bis Sommer 2019 im Blog mitgeschrieben.

in Zusammenarbeit mit:

Logo Schon mal an Selbsthilfegruppen gedacht?