Handschriftlich geschrieben: Schreiben als Ventil

Lese und schreiben war für mich früher ein sehr heikles und unangenehmes Thema, da ich in einer Familie aufgewachsen bin, in welcher niemand in der Lage war fehlerfrei zu lesen oder zu schreiben. Dennoch hat beides heute in meinem Leben eine sehr bedeutsame Rolle. Das Schreiben nutze ich sehr vielseitig: um Situationen zu verarbeiten, mit Gefühlen umzugehen, um etwas in Worte zu fassen, welche ich nicht schaffe über die Lippen zu bringen, um zu lernen und früher auch um meine Kreativität auszuleben.

Insbesondere in meiner „Akutzeit“ hatte Schreiben einen besonders großen Stellenwert in meinem Leben, da ich niemanden zum Sprechen hatte und längere Zeit ans Bett gefesselt war. Anfangs schrieb ich viel über Social Media, teilte mich mit und war unter den „Pferdebloggern“ relativ bekannt. Das Schreiben war und ist für mich ein Ventil, um den Druck bzw. die psychische Belastung zu vermindern und gleichzeitig das Gefühl zu erhalten gehört zu werden.
Relativ schnell merkte ich, dass das Bloggen alleine nicht reichte und ich damals nicht alles was mir im Kopf rumschwirrte unter meiner Identität preisgeben wollte. Somit begann ich damit auch privat mir alles von der Seele zu schreiben. Im Krankenhaus nahm ich mir oft nachts Zettel und Stift und begann Erlebnisse aufzuschreiben, denn im Krankenhaus vergeht selten ein Tag, den man wirklich „genießen“ kann. Vor allem Zimmergenossen sind leider oft Störfaktoren, die einen in den Wahnsinn treiben und das Ruhen und Schlafen unmöglich machen.
Vor einigen Jahren setzte ich mir das „Wunschziel“ ein Buch aus meinen Erfahrungen zu schreiben, doch ich schaffte es bis heute nicht die Texte zu überarbeiten und mittlerweile fällt es mir auch recht schwer, da die Erinnerungen sehr verschwommen sind. Neulich las ich mir den Anfangs sogar durch und war erstaunt darüber, was mein Kopf mittlerweile erfolgreich verdrängt hat. Ob ich daraus irgendwann tatsächlich noch ein Buch schreibe, ist mir noch ungewiss. Ich denke, entweder die Zeit und Motivation kommt eines Tages, oder eben nicht.

Um nochmals auf den Anfangssatz zurück zu kommen: Ich wurde über Jahre hinweg dazu gedrängt zu lesen und schreiben zu üben. Beim Schreiben bin ich dadurch recht penibel geworden und achte sehr auf Rechtschreibung, Zeichensetzung etc. Natürlich schleichen sich auch bei mir Fehler ein und ich weiß nicht alles, aber zumindest sollte man meine Texte – insbesondere für die Uni – flüssig lesen können.
Lesen kann ich mittlerweile auch gut. Allerdings ist laut lesen bei mir mit massiven Ängsten verknüpft, sodass ich nicht mal Freunden etwas vorlesen zu könnten ohne in Stress zu geraten. Das ich da so extrem bin, liegt vermutlich neben der „Möchtegern-Drillerei“ an negativen Erfahrungen durch Lehrer und Mitschüler. Sobald jemand zu mir sagt „lies mal vor“ rutscht mir das Herz in die tiefste Hose – gefühlt rennt es weg – und entweder ich lese stotternd oder ich verweigere mich. Privat lese ich aber gerne – was aber auch erst seit wenigen Jahren so ist. Davor verband ich mit Büchern Zwang.

Autor*in: Dickdarmlos

Tabus sind ein Teil unserer Gesellschaft. Verdauungsorgane, insbesondere der Darm, und die Menstruation sind immer noch Tabuthemen. Es gilt als ekelig oder unrein. Man möchte nicht darüber sprechen und erstrecht nichts darüber hören. Doch was ist, wenn du mit einer Genmutation auf die Welt kommst, der Darm früher oder später in den Mittelpunkt deines Lebens rückt, und das Leben dir obendrauf noch eine gynäkologische Erkrankung schenkt? Hier beim Lebensmutig Blog berichte ich über mein Leben mit Familiärer Adenomatöser Polyposis (FAP), Endometriose und den psychischen Folgen.

in Zusammenarbeit mit:

Logo Schon mal an Selbsthilfegruppen gedacht?