Ein Samstagmorgen. Erstmal zum Testzentrum um die Ecke für einen Schnelltest, dann ins Theater für einen PCR-Pool-Test und am Abend zum Tanzen. Am Sonntag sollte es wieder zum Tanzen gehen, am Montag zu einem Vorstellungsgespräch und zu einer Probe ins Theater. Das war der Plan. Doch als ich nach dem Schnelltest mit meiner Mama beim Frühstücken saß, öffnete ich die Mail mit dem Testergebnis. Positiv.

Überforderung

Mit meinem Frühstücksteller in der Hand ging es für mich dann in mein Zimmer in Isolation. Wie kann das Ergebnis positiv sein? Ich war doch überall mit FFP2-Maske! Was muss ich jetzt tun? Was ist, wenn das Ergebnis tatsächlich stimmt und ich Schäden davon trage? Körperlich ging es mir gut, ich hatte keinerlei Symptome. Doch psychisch hat mich das Ergebnis völlig überfordert. Ein paar Stunden später konnte ich zum PCR-Test und nun hieß es warten.

Ungeduld

Lange Warten… Ich bin normalerweise ein sehr geduldiger Mensch. Aber das Warten auf das Testergebnis hat meine Geduld echt an meine Grenzen gebracht. Tagelang aktualisierte ich alle paar Minuten die Website in der Hoffnung, endlich Gewissheit zu haben. Denn davon hing schließlich auch meine komplette restliche Woche ab.

Überwindung

Kurz nachdem ich das Ergebnis von meinem Schnelltest erhalten hatte, klingelte mein Handy. Da ich wusste, dass es sicherlich das Testzentrum sein würde, ging ich ran. Doch das kostete ziemlich viel Überwindung. Telefonieren gehört mit zu den Dingen, die für meine Soziale Phobie mit am schwierigsten sind. Vor allem, wenn der Anruf unerwartet kommt und von einer mir unbekannten Nummer.

Unsicherheit

Der Zeitpunkt der Quarantäne passte mir gar nicht. Meine größte Sorge war das Vorstellungsgespräch. Wie werden sie reagieren, wenn ich um eine Verschiebung des Termins bitten muss? Werden sie mich dann erst recht nicht nehmen? Denken sie direkt schlecht über mich? Weitere Sorgen beschäftigten sich aber auch mit dem Tanzen und dem Theater. Werde ich zu viel verpassen, wenn ich jetzt ein ganzes Wochenende fehle? Werde ich bei Oper weiterhin als Statistin mit auf die Bühne dürfen, wenn ich im schlimmsten Fall die ganze Woche bei den Proben fehle und dadurch auch die Endproben verpasse? So viel Unsicherheit. Doch die Angst war sich sicher: Sie werden dich alle nicht mehr haben wollen!

Unsichtbar

Manchmal wäre ich gerne unsichtbar. Der Gedanke, dass andere Menschen über mich reden, löst ganz viel Angst aus. Weil es – laut der Sozialen Phobie – schließlich nur etwas negatives sein kann. Zu merken, dass sich mein Testergebnis innerhalb der Verwandtschaft und deren weitergehenden Bekanntschaften herumspricht, erzeugte irgendwie ein unwohles Gefühl in mir. Gleichzeitig war es aber auch ein seltsames Gefühl, innerhalb der Wohnung unsichtbar werden zu müssen. Das Zimmer nicht verlassen zu dürfen. Jedes Mal die anderen vorwarnen zu müssen, wenn man ins Bad gehen möchte, um bloß niemandem zu begegnen.

Überstanden

Nach dreieinhalb Tagen kam dann endlich das erlösende Ergebnis: negativ. Es waren nur dreieinhalb Tage, aber sie fühlten sich deutlich länger an. Es sind viele Tränen geflossen. Die negativen, selbstzweifelnden Gedanken hatten Zeit, mich komplett in ihren Griff zu ziehen. Die innere Anspannung wurde mit jeder Stunde größer und es brauchte ganz viel Ablenkung und Kraft, um diese auszuhalten.

Autor*in: Mutsammlerin

An ein Leben ohne Angst kann ich mich nicht erinnern. Aber ich kann davon träumen, die Angst aushalten und für meine Träume kämpfen.

in Zusammenarbeit mit:

Logo Schon mal an Selbsthilfegruppen gedacht?