Schreibtisch mit Laptop, Notizbuch und Kugelschreiber

In diesem Monat fand in OWL (Ostwestfalen-Lippe) der erste Online Selbsthilfe-Aktionstag statt. Das Motto: Ohne Wir Läuft nix! Ein Satz, der mir in der kurzen Einführung vor allem in Erinnerung geblieben ist: „Ohne das WIR funktioniert Selbsthilfe nicht!“ Denn das Wir ist das, was Selbsthilfe ausmacht. Gemeinsam füreinander da sein. Gemeinsam einen Raum schaffen, in dem man über alles sprechen kann. Gemeinsam nicht mehr allein sein.

Im Vorhinein konnte man bei der Anmeldung zwischen verschiedenen Veranstaltungen zu den verschiedensten Themen auswählen. Ich erzähle jetzt einfach mal etwas über die Veranstaltungen, an denen ich teilgenommen habe.

Politisches Engagement in der Selbsthilfe

Als erstes habe ich an dem Workshop „Mitreden – Mitbestimmen: wie können wir uns politisch beteiligen?“ teilgenommen, welcher vom Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben (Regionalbezirk Detmold) durchgeführt wurde. Zunächst gab es einen kurzen Input dazu, wie man sich überhaupt politisch beteiligen kann. Das kann ganz unterschiedlich aussehen: der Besuch einer Demo, das Schreiben eines gesellschaftskritischen Blogs, das Beitreten einer Partei oder aber auch die Beteiligung als Interessensvertretung. Letzteres kann besonders gut als Beirat geschehen. Denn nur wenn sich verschiedene Selbsthilfegruppen, – vereine und -verbände zusammenschließen, können die Interessen möglichst vieler Betroffenen gleichberechtigt vertreten werden.

Doch eine Schwierigkeit dabei ist, Menschen zu motivieren, sich politisch zu beteiligen. Oft ist es auch gar nicht bekannt, dass man sich in der Selbsthilfe politisch engagieren kann. Generell ist auch eine Schwierigkeit, dass viele nicht erkannt werden wollen; nicht mit dem eigenen Namen mit dem Selbsthilfethema in Verbindung gebracht werden wollen. Außerdem ist das hauptsächliche Ziel der Selbsthilfe schließlich auch, sich erstmal um sich selbst zu kümmern.

Selbsthilfegruppen online gestalten

Danach habe ich an der Veranstaltung „Online-Veranstaltungen als Option für Selbsthilfegruppen“ teilgenommen. Diese war für mich leider nicht wirklich interessant. Ich hätte erwartet, dass auch dort ein Austausch angestrebt wird, doch es war einfach nur eine Stunde Vortrag von einem Paar, das von ihren Erfahrungen erzählt hat. Das war zunächst zwar auch ganz interessant, aber die Vor- und Nachteile von Online-Veranstaltungen sowie die verschiedenen Tools habe ich in den letzten eineinhalb Jahren schon oft genug kennengelernt.

Kopf aus und Stift in die Hand

Danach ging es kreativ weiter mit dem „Sprichdichaus-Workshop“ der Rapschool NRW. Dass Schreiben eine gute Möglichkeit ist, um die eigenen Gedanken zu sortieren und Gefühle auszudrücken, wissen wir vom Blog nur zu gut. Doch trotzdem ist es oft gar nicht so einfach, zu schreiben. Vor allem der Anfang ist oft am schwierigsten. Es kostet Überwindung, den Kopf auszuschalten und einfach loszulegen. Aber es gibt auch Übungen, um leichter ins Schreiben zu kommen und die Hemmungen abzubauen. Ein paar dieser Schreibübungen haben wir in dem Workshop kennengelernt. Beispielsweise sollten wir unsere ersten Assoziationen zu verschiedenen Begriffen aufschreiben und später zu einem der Beiträge eine kurze Geschichte schreiben. Ich finde es immer erstaunlich, was man in so einer kurzen Zeit dann doch zu Papier bringen kann.

Soziale Phobie – mehr als schüchtern

Als nächstes war ich bei einer Veranstaltung zum Thema: „Soziale Phobie – Lebensthema oder Lebensphase“. Zum Einstieg in das Thema wurde das 1live-Interview von mir gezeigt. Irgendwie seltsam, in so einem Kontext sich selbst zu sehen und zu hören, wie kurz über einen geredet wird: „Sehr beeindruckend, wie die junge Frau über ihre Ängste spricht.“ Ob wohl jemand erkannt hat, dass die junge Frau in dem Video mit dem Bild in meinem Zoom-Fenster übereinstimmt?

Danach hat noch einer der Gründer des Verbandes Selbsthilfe Soziale Phobie (VSSP e.V.) etwas über seine eigenen Erfahrungen mit Sozialer Phobie erzählt und die Soziale Phobie noch intensiver erläutert. Außerdem hat ein Betroffener davon erzählt, wie ein Treffen in seiner Selbsthilfegruppe abläuft.

Morgen ist leider auch noch ein Tag

Das Highlight des Aktionstages bildete abschließend eine Lesung von Tobi Katze aus seinem Buch „Morgen ist leider auch noch ein Tag. Irgendwie hatte ich mir von meiner Depression mehr erwartet“. Das Buch habe ich bereits gelesen und auch noch einmal als Hörbuch gehört. Ich mag die humorvolle Art, in der er über seine Erkrankung schreibt. Auch die Lesung war sehr humorvoll und ein toller Abschluss!

Interessant, anstrengend & wieso ich den Blog hier so zu schätzen weiß

Insgesamt fand ich es einen interessanten Aktionstag. Die einzelnen Veranstaltungen waren sehr vielfältig und die Dauer von einer Stunde pro Veranstaltungspunkt habe ich auch als eine gute Länge empfunden. Ich hätte mir aber zwischendurch eine kurze Mittagspause gewünscht. Natürlich hätte ich nicht für jeden Zeitslot einen Workshop wählen müssen, aber bei so einer großen Themenauswahl wollte ich auch möglichst viel mitnehmen.

Für mich persönlich war an dem Tag eine große Herausforderung, dass die meisten Referent*innen wollten, dass man sich zumindest am Anfang kurz mit Kamera zeigt und manchmal auch kurz vorstellt. Ich finde es immer schade, dass bei solchen Veranstaltungen nicht mitgedacht wird, dass das für manche vielleicht nicht so einfach ist. Bestimmt wäre es in Ordnung gewesen, in den Chat zu schreiben, dass das für mich mit meiner Angststörung nicht geht, aber auch das kostet immer sehr viel Überwindung. Deutlich einfacher ist es, wenn das direkt als Option genannt wird, so wie es in unseren Blogger*innen-Treffen immer der Fall ist. Da habe ich wieder gemerkt, wie wertvoll das Verständnis innerhalb der Gruppe hier ist.

Autor*in: Mutsammlerin

An ein Leben ohne Angst kann ich mich nicht erinnern. Aber ich kann davon träumen, die Angst aushalten und für meine Träume kämpfen.

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