Schriftzug "Time for change"

… Kurze Zeit darauf ging sie in den Urlaub und ich rang mit dem Gedanken während ihrer Abwesenheit zu kündigen. So hätte ich den Großteil der Zeit, die ich noch danach hätte arbeiten müssen, während ihrer Abwesenheit ableisten können.

Doch innerlich bekam ich von Gott, den ich um seinen Rat fragte, gefühlt ein klares „Nein“ als Antwort. Also beschloss ich abzuwarten und mich von ihm führen zu lassen, auch wenn es mir schwerfiel. Ich bekam auch ein „Nein“ dazu, bereits nach neuen Stellen zu suchen. Obwohl meine Chefin also die nächsten Wochen nicht da war, ging es mir nicht wirklich gut. Ich hatte diesen Schock zu verarbeiten und ich merkte, dass es in mir alte Traumata wieder angerissen und aktiviert hatte. Trotzdem war immer noch das „Nein“ da aus der aktuellen Situation zu gehen. Es war eine harte Prüfung für mich und ich merkte, wie auch mein Körper immer mehr protestierte und dies in psychosomatischen Symptomen mitteilte: chronifizierte heftige Erkältung, Appetitlosigkeit, Ekel vor Essen, immer wieder erhöhte Temperatur, Schlafprobleme, Albträume, Anspannung und innere Unruhe, innerer Schmerz, …

Kurz nachdem sie wieder da war, behandelte ich mit meiner Seelsorgerin ein ähnliches Trauma und mein ganzes System reagierte so stark die nächsten Tage, die gerade auf ein Wochenende fielen, dass ich mehrmals meinte, gleich in Ohnmacht zu fallen. Ich hatte einen Blutdruck von 73 zu 46 (also seeehr niedrig), permanente Übelkeit, war total erschöpft und hatte mit depressiven Zuständen und Wogen an innerem Schmerz zu kämpfen. In diesen Tagen bekam ich von „oben“ das Gefühl ins Herz gelegt, dass es jetzt schnell gehen könnte – eventuell schon die kommende Woche. Und am Sonntagabend beschloss ich auf mein Gefühl hin, ab jetzt zur Sicherheit eine noch nicht unterschriebene Kündigung mit zur Arbeit zu nehmen, um schnell handeln zu können, wenn es mir zu viel würde und ich von Gott ein Ja zum Handeln bekomme.

Am Montag vor der Arbeit war ich noch kurz bei meiner Mutter. Wir beteten und ich sprach aus, was ich spürte: Obwohl ich es keinesfalls wollte, könnte es passieren, dass ich wieder in den Krankenstand muss, wenn das so weitergeht, weil einfach die innere Belastung in dieser Situation zu groß war. Und ich wollte aber doch unbedingt auf Gottes Zeichen warten. Und in den Krankenstand wollte ich nicht wieder. Da meinte meine Mutter, dass Gott auch über meinen Körper als Zeichen sprechen könnte, und mir wurde in dem Moment klar, dass sie Recht hatte.
Ich fragte Gott und hatte den starken Eindruck ich solle heute noch ein Gespräch mit meiner Leitung suchen, hineingehen ohne schon vorab eine Entscheidung getroffen zu haben, und mich auch nicht näher vorbereiten (was ich sagen möchte), sondern ihn machen lassen.
Voller Aufregung setzte ich dies also um, und es kam im positiven Sinne alles so, wie es eigentlich gar nicht möglich gewesen wäre.

Bevor ich davon erzähle, noch ein paar Dinge, die mir wichtig waren: Ich wollte nichts machen, bevor ich nicht noch mal mit meiner Leitung gesprochen hatte, da sie eben auch meine Freundin war, und ich von ihr von sehr schlechten und schmerzhaften Erfahrungen in dieser Richtung wusste. Ich wollte, dass sie einmal eine andere Erfahrung macht, da ich immer noch Liebe für sie hatte.
Ich wollte wissen, was sie eigentlich wollte, bevor ich handelte und ich wollte wissen, ob es noch etwas zu retten gibt. Ich wollte gerne möglichst im Guten auseinandergehen und ich wollte gerne ein gutes Arbeitszeugnis.
Mir war klar, dass das in dieser Situation eigentlich utopische Vorstellungen waren, da sie in ihrer Verletzung schnell mit Wut und Angriff und Groll reagierte in ihrem Fühlen, Sprechen und Handeln. Und ich wusste noch gar nicht, ob ich überhaupt reden konnte, da ich schon letztes Mal kaum sprechen konnte vor Schmerz und Weinen.

So ging ich also ins Gespräch mit ihr. Und ich betete um Führung von oben, sagte Gott, dass ich mich dazu nicht in der Lage fühle, ob er bitte mit dem Heiligen Geist meine Worte und Handlungen führen kann. Und das tat er so was von, besser als ich es mir je erhofft, gedacht und gekonnt hätte.
Ich schaffte es, während dem Gespräch nicht zu weinen und genau richtig zu sprechen. Und ich redete diesmal klar von mir, griff die Entwicklungen und Vorwürfe auf, was es mit mir machte, wie ich unsere Beziehung und Kommunikation erlebte, und sagte ihr, dass ich so nicht weitermachen könne. Ich fragte, ob sie eigentlich will, dass ich bleibe, weil ich mich rausgeekelt fühle. Sagte ihr, dass ich mich nur noch wie auf rohen Eiern bewege, das Gefühl habe, dass ihr nichts mehr passt, egal was ich mache, usw.

Immer wieder wetterte sie los, wurde laut, meinte sie lasse sich ganz sicher keine Schuld in die Schuhe schieben. Sie wurde richtig persönlich, meinte ich hätte Rückschritte gemacht in meinem therapeutischen Prozess und sie könne mir sagen, dass ich ganz sicher nicht mehr regelmäßig in Therapie sei. Fragte mich, ob sie etwa ins Exil solle, damit ich mich von ihr nicht mehr angegriffen fühlen würde, usw.
Während dem Gespräch dachte ich mir: „Wow, wenn jemand nicht selbst im psychosozialen Bereich arbeitet, wenn jemand nicht Gott hat und nicht sehr selbstreflektiert ist, dann wäre das jetzt der Zeitpunkt, um verrückt zu werden, und dem anderen die Macht zu geben, einem Zuschreibungen über sich selber einzureden.“

Und mir gingen „die Augen auf“ – ich erkannte, dass da nichts mehr zu retten war, dass da auch keine geringste Einsicht oder Selbstreflexion ihrerseits möglich war. Ich erkannte, dass sie schier keine Schuld haben durfte, dies nicht aushalten würde. Und ich schaffte es mit Hilfe von oben sie immer wieder in ihrer Lautstärke herunterzufahren und in ruhigem Tonfall weiter mit ihr zu sprechen.
Ich formulierte Dinge, wie ich es von mir aus nie gewagt hätte auf eine Weise, die sie jeweils annehmen konnte.

Ich meinte beispielsweise zu ihr, dass ich ihr bei allem, was sie mir vorwarf, jetzt einen Spiegel vorhalten könnte, und ihr das, was sie mir vorwirft zurückgeben.
Das mir das Leid tut das so zu sagen, dass ich aber merke, dass ich so nicht weiter machen kann und möchte. Dass ich dachte, wir wären Freundinnen (sie nickte fest). Dass ich offen in dieses Gespräch gekommen bin, aber jetzt weiß, dass wir diesbezüglich nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen werden – dass sie eben ihre Wahrnehmung habe und ich aber meine.

Ich sagte ihr, dass es vielleicht bei mir aufgrund meiner Geschichte empfindlichere Punkte trifft, als es bei jemandem anderen würde, aber dass das nun mal so ist. Dass ich unter diesen Umständen gehen muss, auch wenn es mich schmerzt und ich auch weiß, dass es auch ihr wehtut. Und dass ich gerne im Guten auseinander gehen möchte und ein angemessenes Arbeitszeugnis wünsche. Und sie bejahte und wurde ganz ruhig, obwohl sie merklich nicht wirklich wollte, dass ich gehe.

Sie meinte dann noch, ich würde in die Flucht gehen vor meinen eigenen Themen. Doch im Gegenteil: Ich hatte mich dem zum ersten Mal aktiv und klar gestellt und mich entschlossen aus sich wiederholenden Mustern „auszusteigen“, für mich und meine Gesundheit einzustehen.
Und ich sagte ihr sogar, dass ich keinen Groll gegen sie hege, ihr nicht böse bin und hoffe, dass es umgekehrt genauso ist. Und auch das bejahte sie. Dann meinte sie, ich solle mit ihrer Chefin, also der Betriebsleitung Kontakt aufnehmen und das weitere Vorgehen besprechen.

Und sie tat so, als wäre alles ganz normal, als würde es ihr nichts ausmachen, aber ich kannte das von ihr und wusste, dass dieses Abspalten und nicht Zeigen von schmerzhaften Gefühlen eben ihre Art des Selbstschutzes war …

letzter Teil folgt …

Autor*in: HighHopesInBlueSkys

Einen blauen Himmel voller Hoffnung – das ist das, was ich mir wünsche. Tatsächlich ist mein Himmel schon lange ziemlich wolkenbehangen. Depression, eine posttraumatische Belastungsstörung und resultierende Ängste und Sorgen verschleiern teils das lebensfrohe Blau. Doch in meinem Herzen bin ich eine Kämpferin. Ich glaube fest daran, dass hinter jedem großen Leid auch eine Chance steckt: eine Chance sich besser kennenzulernen, besser für sich sorgen zu lernen, die Qualitäten des Lebens neu schätzen zu lernen, Achtsamkeit zu üben, manches loszulassen und Neues für sich zu gewinnen. Diesen Weg will ich voller Mut und Hoffnung gehen, auf zu einem blaueren und sonnigeren Himmel, auch wenn es oft schwer fällt. Und das ist es auch, was ich von Herzen all jenen wünsche, denen es ähnlich geht: den eigenen, ganz individuellen und wertvollen Weg zu einem blaueren Himmel zu finden.

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