Wem kommt die Situation nicht bekannt vor. Es war Mal wieder ein langer vom Sitzen geprägter Tag im Büro, ein recht stressiger Auftrag im Betrieb oder ein heftiger Theorieblock an der Uni und abends steht noch die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe auf dem Programm. Schon wieder sitzen! Wie soll ich bloß nach der stressigen Schicht runterkommen? Was sagte der Dozent nochmal über Immanuel Kant?

Ich kam schon häufig in die Situation, dass mich die Arbeit oder die letzte Vorlesung nicht mehr loslassen wollte und obwohl die Gruppe längst angefangen hatte, half mir weder die räumliche Distanz noch das Wiedersehen mit Freunden, einfach umzuschlaten. Ähnlich erging es mir, wenn der Arbeitstag im Büro zu lang oder die Vorlesung stinklangweilig war. Ein weiteres Mal sitzen, noch mehr zuhören… und das alles ausgerechnet heute. Als ob ich nicht schon genug gesessen bin und gehört habe. Das sind typische Gedanken, die mir dabei um den Kopf kreisten.

Angestoßen von einer Dozentin kam mir bei der Leitung meiner eigenen Gruppe die Idee, das Ankommen mit ein Bisschen Bewegung in Verbindung zu bringen. Während einem Blockseminar, welches sich gut und gerne über den ganzen Tag erstreckte, pflegte die Dozentin kurze Bewegungspausen einzubauen. Diese sollten uns dabei helfen, den Kreislauf nach dem langen Sitzen etwas in Schwung zu bringen und das Mittagstief oder  -essen besser zu verdauen. Auch wenn meine Kommilitonen und ich anfangs skeptisch waren und nur wenig Lust hatten, uns zu bewegen, trafen die bewegten Pausen der Dozentin voll ins Schwarze. Das Mittagessen lag nicht mehr so schwer im Magen, die allgemeine Stimmung wurde aufgehellt und die Motivation bzw. die Aufmerksamkeit gesteigert.

Ausgehend von dieser positiven Erfahrung dachte ich mir, dass das Ankommen in der Gruppe doch mit einem kleinen Impulsspiel aufgelockert werden könnte. Dank meiner Mitgliedschaft im Theaterverein sind mir einige Impulsspiele vertraut. Eines dieser Impulsspiele, das ich auch mit meinen Teilnehmern durchgeführt habe, möchte ich im Folgenden vorstellen.

Die Teilnehmer bilden im Stehen einen Kreis. Der Spielleiter gibt an den linken Nachbarn einen Klatschimpuls weiter. Der Angelklatschte hat nun die Aufgabe, den Klatschimpuls an seinen linken Nachbarn weiterzugeben usw. Nachdem sich die Teilnehmer nun nach zwei bis drei Runden an die Weitergabe des Klatschen gewöhnt haben, stoppt der Gruppenleiter den Impuls und gibt das Klatschen in die entgegengesetzte Richtung weiter. Nachdem sich die Teilnehmer auch an diese Weitergabe gewöhnt haben, kann beispielsweise das Tempo angezogen oder die Lautstärke des Impulses erhöht werden. Da die bloße Weitergabe eines Impulses schnell langweilig wird, kann der Gruppenleiter einen zusätzlichen weiteren Impuls in die entgegengesetzte Richtung geben, so dass gleich zwei Klatscher im Spiel sind. Drüber hinaus gibt es die Möglichkeit ein STOP-Signal zu etablieren. Sobald ein Spieler die beiden Arme auf Brusthöhe hebt und „STOP“ ruft, muss derjenige, der geklatscht hat sich umdrehen und den Klatschimpuls in die entgegengesetzte Richtung senden. Eine weitere Variation wäre das Wegducken. Der Angeklatschte duckt sich, wodurch der Impuls zu dem nächsten Teilnehmer wandert.

Als die Methode in meiner Gruppenarbeit eingesetzt habe, war die Skepsis und die Lustlosigkeit meiner Teilnehmer ähnlich der meinen im Blockseminar. So richtig begeistern konnte sich zunächst niemand. Doch bereits nach der ersten Runde stellten die Teilnehmer fest, dass das doch so simple Spiel viel Spaß macht. Insbesondere bei der Weitergabe von zwei Impulsen kam es zu Situationen die für großen Spaß sorgten. Ebenfalls kam es nicht gerade selten vor, dass von zwei Impulsen nur noch einer die Runde machte, während der andere auf seltsame Weise verschwunden war. Als Gruppenleiter kann man bei einer solchen Situation den verlorenen Impuls einfach wieder in die Runde klatschen. Besonders viel Spaß hat es dann gemacht, wenn der „Flow“ der Gruppe zu spüren war und alle Teilnehmer im gleichen Rhythmus den Impuls weitergaben. Mithilfe dieses Spiels habe  ich für mich festgestellt, dass das sowohl für mir als auch den Teilnehmern das Ankommen in der Gruppe leichter fällt. Ich bin dabei nicht nur räumlich bei der Gruppe, sondern auch gedanklich. Ich konzentriere mich auf die Menschen um mich herum und nicht mehr auf die letzte Vorlesung oder den Tag im Büro.

Jetzt seid ihr gefragt. Habt ihr diese oder ähnliche Methoden schonmal in der Selbsthilfe oder in einem anderen Kontext ausprobiert? Kommt für euch Bewegung in der Selbsthilfe überhaupt in Frage? Welche positiven oder negativen Erfahrungen habt Ihr mit bewegungsorientierten Methoden in der Selbsthilfe oder in Seminaren gemacht? Wo sehr Ihr Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge?

Unter dem folgenden Link findet ihr eine kurze Beschreibung der Methode

Link: M2 Klatschkreis (Impulsspiel) pdf

Ich wünsche euch viel Spaß beim Ausprobieren und freue mich schon auf Verbesserungsvorschläge und eure Erfahrungen mit der Methode 😊

Autor*in: Bossi

Ich möchte meine eigene Gruppe etwas anders angehen und die üblichen Runden einer Selbsthilfegruppe mit ein paar innovativen Methoden etwas beleben. Über eben diesen Einsatz von Methoden in der Selbsthilfe, meine Erfahrungen damit und meine persönliche Suchtgeschichte möchte ich im Blog berichten und mich darüber austauschen.

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