Ein See, der Himmel ist mit grauen Wolken bedeckt

Mein Wecker klingelt. Es ist 5 Uhr. Ich fühle mich erschöpft und würde gerne einfach weiterschlafen. Schnell ziehe ich mich an, packe meine Tasche und gehe zum Bus. Um 6 Uhr komme ich im Büro an. Es ist unheimlich still. Kein Wunder, denn wer fängt auch schon um 6 Uhr an zu arbeiten? Ich. Denn sonst schaffe ich zeitlich nicht alles, was ich schaffen muss. Ich bleibe zwei Stunden lang bei meinem Hiwi-Job, bevor ich mit schnellen Schritten wieder zur Bushaltestelle eile. Bloß keine Zeit verschwenden! Gegen 8:30 Uhr komme ich bei meinem Praktikum an. An den Tagen, an denen ich vorher nicht noch arbeiten muss, komme ich um 7 Uhr beim Praktikum an. Dort verbringe ich die nächsten 8 Stunden. An den meisten Tagen vergeht die Zeit recht schnell, weil mir meine Aufgaben Spaß machen. In der Mittagspause lese ich Texte für die Uni, während ich mein Mittagessen esse. Gegen 17:30 Uhr bin ich dann wieder zuhause. Ich lese die Texte zu Ende und bearbeite die Aufgaben dazu. Währenddessen koche ich Essen für den nächsten Tag vor. An manchen Tagen muss ich dann noch an Videokonferenzen für diverse ehrenamtliche Projekte teilnehmen. Danach, meistens gegen 21 Uhr, kann ich dann anfangen die Vorlesungen des Tages nachzuschauen. 13 Kurse habe ich pro Woche. Ich studiere nicht nur für dieses Semester, sondern auch schon für das nächste Semester einiges vor. Wenn ich mit allen Aufgaben für den Tag fertig bin, falle ich völlig erschöpft ins Bett. Es ist 23 Uhr. Manchmal auch später.

Funktionieren bis zum Umfallen

Fünf Wochen lang geht das jetzt schon so. Anfangs hat mich ein positives Gefühl durchströmt, ein „Yeah, was ich alles schaffe!“ Das positive Gefühl ist von Woche zu Woche immer kleiner geworden. Jetzt ist gar kein Gefühl mehr da. Ich funktioniere einfach. Das funktioniert ganz gut. Bis zu dem Punkt, wenn mein Zeitplan durcheinander gebracht wird. Wenn auf meinem Abholschein der Post die falsche Filiale draufsteht und ich zwei Stunden lang durch die Stadt fahren muss, um mein Paket abzuholen. Wenn Dozent*innen der Uni ihre Vorlesungen hochladen, wann sie wollen und unangekündigte Aufgaben mit kurzer Deadline stellen. An solchen Tagen kann es vorkommen, dass ich zuhause in Tränen ausbreche. Vor Überforderung. Vor Erschöpfung. Aber das verdränge ich schnell wieder. Denn: Irgendwie schaffe ich das alles schon. Ich muss.

Fünf Wochen sind schon geschafft. Vier Wochen liegen noch vor mir. Ein Gespräch mit meiner Therapeutin hat mir geholfen, für einen kurzen Moment aus dem „Ich muss funktionieren“-Modus auszubrechen: Natürlich kann ich so weitermachen wie bisher. Aber dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis ich vor Erschöpfung völlig zusammenbreche. (Auch wenn es mir schwer fällt, mir das einzugestehen…) Und wie kann ich das verhindern?

Kleine Momente der Ruhe

Schrittgeschwindigkeit reduzieren. Ich bin generell ein Mensch, der eher schnellen Schrittes unterwegs ist. Aber muss ich wirklich so schnell wie möglich von A nach B kommen? Ich versuche nun, mich etwas zu zügeln und in einer normalen Geschwindigkeit meine Wege zu gehen. Schließlich ist das dann auch immer ein kurzer Moment, in dem ich ruhig durchatmen kann, um die Angstgefühle zu verringern.
[klappt meistens]

Mittagspause nur zum Essen. Eine Mittagspause ist dafür da, um wieder Kraft aufzutanken. Mittagessen essen und ansonsten einfach mal nichts tun, bevor die restlichen Arbeitsstunden auf einen warten. Kann ich für die zweite Tageshälfte Kraft auftanken, indem ich mich mit Uniaufgaben beschäftige und nebenbei das Mittagessen in mich reinschaufel? Eher nicht. Ich versuche nun die Mittagspause nur zum Mittagessen zu nutzen. Zum Pause machen.
[klappt an manchen Tagen]

Zeitliche Erleichterungen annehmen. Mein Chef beim Praktikum hat mir schon mehrmals gesagt, dass ich ruhig während der Praktikumszeit mal etwas für die Uni tun kann. Das finde ich sehr nett, aber es fällt mir trotzdem schwer, das Angebot anzunehmen, weil ich immer denke: Ich muss es auch so alles schaffen! Ich versuche nun auch mal von diesem Angebot Gebrauch zu machen.
[klappt noch nicht]

Keine neuen Projekte annehmen. Ich hatte mir vorgenommen, während dieser zwei Monate bei meinen ehrenamtlichen Tätigkeiten keine neuen Aufgaben mehr anzunehmen. Denn mit den Aufgaben, die ich eh schon habe, bin ich schon gut beschäftigt. Ich versuche also erst einmal keine neuen Aufgaben mehr zu übernehmen.
[hat nicht geklappt]

 

Habt ihr noch mehr Ideen, wie man ein bisschen mehr Ruhe in den Tag bekommen kann?

Autor*in: Mutsammlerin

An ein Leben ohne Angst kann ich mich nicht erinnern. Aber ich kann davon träumen, die Angst aushalten und für meine Träume kämpfen.

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