Mir gehts jetzt gut, aber…

Ich habe jetzt schon länger nichts mehr geschrieben, das letzte mal habe ich geschrieben das ich wieder in meiner Passivitätsspirale gefangen bin und nichts machen kann.

Es ist jetzt einige Zeit vergangen seit ich in der Reha war und habe langsam gemerkt irgendwie geht es mir ja besser. Ich nehme ein neues Medikament welches meine Stimmung stabilisieren soll. Ich muss sagen das hat funktioniert. Ich habe viele gute Tage gehabt seit das Medikament eindosiert wurde. Klar am Anfang hatte ich nicht gerade die Hoffnung das es funktioniert. Ich dachte: „Wieso sollte jetzt ein Medikament helfen, wenn davor schon nichts geholfen hat“?

Es hat seine Zeit gedauert und ich muss sagen ich habe ein gesundes Mittelmaß erreicht was meine Stimmung angeht. Ich habe sehr wenige depressive Phasen und wenn dann sind sie auch sehr flach gehalten. Schwankungen nach oben gibt es keine mehr, bzw keine die ich als unnormal oder extrem betiteln würde.

Das Problem an der ganzen Sache ist, dass ich es nicht einfach so stehen lassen kann das ich stabil bin. Ich kenne es nicht. Es gab zwar Phasen in denen es mir gut ging, aber diese Phasen waren nur symptomatisch im Sinne von Stimmungsschwankungen. Einfach viel zu viel. Jetzt bin ich auf einem Level angekommen an dem alles so flach ist. Nicht flach im Sinne von schlecht sondern flach im Sinne von normal. Aber das normal fühlen ist für mich schwer auszuhalten.

Der Punkt ist, ich wusste nicht was ich schreiben soll, klar mir geht es gut, aber es ist schwer in Worte zu fassen. Ich habe das Gefühl wenn ich schlechte Phasen habe kann ich diese besser in Worte fassen, da ich Erfahrung darin habe und auch kreativer im Beschreiben der Phasen bin. Ich kann bildlicher sprechen als jetzt. Jetzt ist alles irgendwie neutral. Fast unaushaltbar. Ich habe keine guten oder schlechten Phasen in denen ich mich verlieren kann. Das klingt vielleicht doof, aber ich vermisse es.

Viele beschreiben ihre depressiven Phasen als kalt, aber ich empfand sie als wohlig warm und auch ein Stück weit sicher, ich habe mich mit ihr angefreundet.

Es hat sich einiges getan. Ich habe für mich wichtige Entscheidungen getroffen und habe das Gefühl ich habe mich weiterentwickelt. Ich habe eine Partnerschaft, obwohl ich es aufgegeben hatte jemals jemanden zu finden. Ich habe jetzt endlich eine Therapie angefangen auf die ich seit Ende 2019 warte. Ich bin auf Wohnungssuche um aus meiner WG herauszukommen, damit ich lerne ein unabhängigeres Leben zu führen. Ich betrachte das realistisch, Betreuung brauche ich dennoch, aber das ist der nächste Schritt für mich den ich gehen will und muss um eigenständiger und freier zu werden.

Es frustriert mich aber, weniger intensiv zu fühlen. Klar ich verliere mich nicht mehr in depressive Phasen oder in Hochphasen. Aber es fühlt sich so fremd an am Boden zu sein. Nicht Himmelhoch jauchzend oder tief begraben.

Eigentlich sollte das ein positiver Beitrag werden, indem ich beschreibe das es mir jetzt besser geht und das sich endlich vieles in meinem Leben gefügt hat und ich Hoffnung habe für meine Zukunft. Aber ich kann mich in der Hoffnung nicht verlieren und das stört mich.

Ich habe jahrelang intensiv gefühlt, jahrelang habe ich mich in Emotionen verloren und jetzt, ist alles flach. Vielleicht nicht flach für andere, aber wenn ich es vergleiche zu anderen Phasen in meinem Leben, kann ich es nicht anders beschreiben.

Ich glaube es braucht seine Zeit bis ich mich damit anfreunden kann das es mir gut geht, das ich stabil bin und das ich Hoffnung habe. Vielleicht ist flach mal eine gesunde Abwechslung zu stündlichen aufs und abs.

Autor*in: Blue

Das wird ein Kampf, ein Kampf um meine Gesundheit, ein Kampf um eine glückliche Zukunft und ein zufriedenes Leben. Diesen Kampf kämpfe ich gerne... zumindest die meiste Zeit.

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