Vielleicht kennt ihr das Gefühl… „Ich bin anders als die Anderen!“
Gefühlt war das schon immer bei mir so.

Ich war immer die, …
… die Probleme hatte Freunde zu finden.
… die das Mobbingopfer wurde.
… die von Lehrern gedemütigt wurde.
… die mehr nachdachte als andere.
… die gerne mal ihre Ruhe hat.
… die ihre Zeit nicht für Make up vergeudet.
… die nicht sonderlich gerne feiern ging.
… die . . .

Vermutlich könnte ich diese Liste endlos fortsetzen, aber das wäre äußerst unspektakulär und würde nicht auf die Kernaussage hinausführen, die ich in diesem Beitrag vermitteln möchte.
Tatsächlich ist es aber so, dass ich von klein an immer die Person war, die aus der Reihe tanzte und sich der restlichen Gesellschaft nicht untergliederte. Stattdessen füllte sich mein Kopf mit zunehmendem Alter und Verständnis der Situationen mit Selbstzweifeln. Ich fiel in eine Abwehrhaltung, wurde schließlich sehr zickig bis aggressiv (nein, ich habe nie jemanden geschlagen, eher passiv-aggressiv/verbal-aggressiv) gegenüber Lehrern und „Mainstream-Menschen“. Ich grenzte mich zunehmend von bestimmten Persönlichkeiten ab und suchte eher den Kontakt zu ruhigeren Menschen. In der Schule war ich zwar nie eine schlechte Schülerin, jedoch erzielte ich nie Erfolge. Ich brachte meine Leistungen und sobald diese aufgrund von innerlichen Blockaden nicht erbracht wurden, wurde ich erneut von Lehrern – gerne von der gesamten Klasse – gedemütigt, indem sie sich darüber lautstark amüsierten, mich vorführten o.ä.
Von einer meiner letzten Lehrerinnen und Pädagogen wurde ich schließlich aus „typische Schulgeschädigt“ eingestuft, was ich doch sehr treffend finde.

Geändert hat sich meine bis dato negative Einstellung zum Thema „Ich bin anders als die anderen“ als ich einen Zufallserfolg in der Schule erfuhr: Ich musste vollkommen unvorbereitet ein Referat halten. Vor Menschen stehen war nie etwas was ich konnte, dann noch sprechen? Aber mir blieb nichts anderes als Augen zu und durch. Das Referat wurde damals deutlich länger als geplant. Ich fülle fast 90 Minuten damit, die Lehrerin war begeistert und das pushte erstmalig mein Ego.
Von da an wurde ich zumindest was Referate anging entspannter. In meiner Ausbildung lautete dann meine Devise schließlich „mehr als verkacken kannst du nicht“. Hart, aber wahr, denn… wenn man seine Lehrprobe nicht hält, hat man eine 6. Versucht man es und bemüht sich ein wenig ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch etwas besseres als eine 6 zu erreichen – meine allerschlechteste Lehrprobe war übrigens eine 3 und das war meine erste. Man lernt ja dazu und ist nicht sofort perfekt – so auch bei mir.
Freunde… Sind immer noch ein schwieriges Thema. Von außen wirkt es vermutlich nicht so, aber ich kann sie an einer Hand abzählen und man sieht sich äußerst selten, da die Wege auch ein wenig auseinander gehen, hunderte Kilometer zwischen uns liegen, Studium/Arbeit/Hobbys/Kinder die Zeit rauben oder sonst was. Ab und an kommen dann wieder Zweifel auf: Sind das wirklich meine Freunde? Manchmal spreche ich die Probleme bzw. meine Gefühle dann konkret an, sodass man zumindest drüber gesprochen oder geschrieben hat. Bekanntlich kann nur sprechenden Menschen geholfen werden. Doch ich habe verstanden, dass nicht die Vielzahl an Freunden wichtig ist, sondern die tiefe der Freundschaft. Dass man weiß, dass die Freundschaft nicht auf Oberflächlichkeiten basiert, sondern man jeder Zeit bei xy anrufen oder auch aufkreuzen kann, wenn mal etwas ist.

Gerade meine Krankheit sowie diverse familiäre Probleme haben dazu geführt, dass ich sehr willensstark geworden bin, aber ebenso die Fähigkeit besitze mich selbst zu reflektieren. Beim Letzteren muss ich manchmal bewusst darauf achten, dass aus „reflektieren“ kein „ich-nehme-mich-selbst-auseinander“ wird. Schwierig fällt es mir zu benennen, welche konkreten Situation dazu geführt haben… Der Kampf in mein Leben zurück, die viele Zeit zum Nachdenken, das Mund-aufmachen beim Widerfahren von Ungerechtigkeiten, die Konfrontation chronisch krank + Schule…
Wichtig ist jedoch in erster Linie nicht was das Umdenken heraus provoziert hat, sondern dass es zum Umdenken kam. Ich sehe mich zwar immer noch als „ich bin anders als die Anderen“ an, aber es stört mich nicht mehr. Ich bin sehr zufrieden damit nicht so langweilig zu sein und nicht mit dem Strom zu schwimmen. Ich lege wert darauf mich selbst zu finden und glücklich zu werden. Denn auch wenn ich mittlerweile 22 Jahre alt bin, denke ich, dass die „Selbstfindung“ noch lange nicht abgeschlossen ist oder dies evtl. sogar ein ewiger und „wandelnder“ Prozess ist.
Mittlerweile bin ich ein recht entspannt-routinierter und deutlich selbstbewussterer Typ Mensch geworden. Ich stehe so gut wie täglich vor Menschen, habe zu vielen meiner Teilnehmer einen relativ guten Draht und komme mit meinen Kollegen super zurecht. Natürlich gibt es immer wieder Schwierigkeiten auf der Arbeit, die mich kurz versuchen aus der Bahn zu werfen oder Situationen, die ich nachher nochmal reflektiere und somit mein eigenes Handeln überdenken, was meiner Meinung nach bei der Arbeit mit Menschen sehr wichtig ist.
Ich habe vor Jahren beschlossen kein Alkohol mehr zu trinken, schminke mich nicht, gehe nie feiern, gehe gerne alleine, mit Hund, Pferd oder Freunden ewig durch Wälder und Wiesen spazieren und genieße nach wie vor auch Zeit, die ich für mich alleine habe.
Kurz und abschließend gesagt: Ich bin mit dem Anderssein zufrieden. 

Autor*in: Dickdarmlos

Tabus sind ein Teil unserer Gesellschaft. Verdauungsorgane, insbesondere der Darm, und die Menstruation sind immer noch Tabuthemen. Es gilt als ekelig oder unrein. Man möchte nicht darüber sprechen und erstrecht nichts darüber hören. Doch was ist, wenn du mit einer Genmutation auf die Welt kommst, der Darm früher oder später in den Mittelpunkt deines Lebens rückt, und das Leben dir obendrauf noch eine gynäkologische Erkrankung schenkt? Hier beim Lebensmutig Blog berichte ich über mein Leben mit Familiärer Adenomatöser Polyposis (FAP), Endometriose und den psychischen Folgen.

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