Schon wieder ist ein neues Jahr angebrochen und vom Gefühl her ging es wieder viel zu schnell. Rational gesehen bin ich bereit für ein neues Jahr, weil ich neue und wichtige Ziele habe, aber andererseits weiß ich gar nicht ob ich das Jahr 2022 schon hinter mir lassen kann.

Es ist eine Menge passiert in diesem Jahr. Alleine mein Umzug in eine eigene Wohnung, der Umzug hat mir eine Menge an Selbstsicherheit gegeben auch wenn der Anfang sehr kräftezehrend war.

Die Umstellung alleine zu leben hat aber dennoch recht gut geklappt, für sich alleine Sorgen zu müssen, mit allem was dazugehört, Selbstständigkeit erreichen und auch erleben kann ein so gutes Gefühl sein. Klar ich habe immer noch recht viel Unterstützung gehabt durch meine Betreuung. Aber auch das war nach dem Umzug ein richtiger Krampf.

Aufgrund von Personalmangel hatte ich ein paar Betreuerwechsel, was mich minimal gestresst hat, einfach weil ich mir nicht sicher sein konnte, welche großen Themen ich aufmachen kann wenn ich nicht weiß wann die Betreuung wieder wechselt. Zum Glück gab es keine zeitintensiven Themen, die bei einem Wechsel übergeben werden mussten. Im großen und ganzen bin ich aber auch zufrieden mit den Betreuerinnen die ich in dieser Zeit hatte.

Mittlerweile habe ich einen festen Betreuer mit dem es sich gut arbeiten lässt. Einfach jemanden der einmal die Woche vorbeischaut und die Lage checkt, mit mir eine Runde spazieren geht und mich reden lässt was mich gerade beschäftigt und mir auch das Gefühl gibt das meine Gedanken und Gefühle irgendwie Sinn machen, auch wenn sie sich anfangs etwas wirr anhören und auch anfühlen.

Alleine mit einer unabhängigen Person zu sprechen die einen unvoreingenommenen Blick auf meine Situation hat, reicht mir oft aus einfach um meine Gedanken zu sortieren.

Auch brauche ich mittlerweile immer weniger sofort Antworten auf meine manchmal so quälenden Fragen. Ich kann akzeptieren, dass manche Antworten Zeit brauchen bis sie den Weg zu mir finden.

Ich schaffe es immer mehr offen und ehrlich zu sein, auch zu mir selbst. Meine Bedürfnisse und Ängste zu benennen.

Auch wenn dieses Jahr meine Beziehung in die Brüche gegangen ist muss ich sagen, dass ich noch nie so viel in einer Beziehung über mich und meine Bedürfnisse lernen konnte. Ich bedauere die Trennung nicht, weil sie für mich heilsam war.

Am Anfang schien alles super zu laufen, aber auf Dauer habe ich einfach gemerkt, dass wir beide ein anderes Bedürfnis von Nähe haben. Auch habe ich bemerkt, dass mir mein Partner emotional nicht das geben konnte was ich brauche. Er ist eher ein mit Emotionen in sich gekehrter Mensch, man könnte ihn fast als kühl bezeichnen. Vielleicht bin ich aber auch aufgrund meiner Überemotionalität ein anderes Level gewohnt, sodass es deswegen etwas kühl rüberkam.

Auch hatte ich das Gefühl ich kann mit ihm nicht über tiefgründige Dinge reden, klar er hat sich alles angehört, es kam aber kaum etwas zurück.

Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mich getraut habe mit ihm darüber zu sprechen, dass ich unzufrieden war. Es hat mich eine Menge Überwindung gekostet, aber ich habe es geschafft. Alleine das ansprechen hat mir in diesem Moment so viel Energie und Selbstsicherheit gegeben. Wir haben viel darüber gesprochen, aber nach einigen Wochen, habe ich bemerkt, dass ich der einzige bin der ihm entgegenkommt, indem ich mein Bedürfnis nach Nähe an ihn angepasst habe. Er kam mir aber nicht einen Schritt entgegen. Laut seiner Aussage könne er sich nicht ändern, da ja sein Familie genauso ist.

Es gab ein paar unschöne Dinge die gesagt wurden, die mich auch getroffen haben. Aber das lag wahrscheinlich einfach an der recht unreflektierten Sichtweise.

Und dann hat es einfach klick gemacht und ich konnte mich von ihm trennen. Wahrscheinlich war ich innerlich schon länger bereit, weil es mir kaum weh getan hat mich von ihm zu trennen.

Es gibt immer noch Momente an denen ich an ihn denke und mich frage wie es ihm wohl nach bzw. wegen der Trennung ging. Aber im großen und ganzen war das die richtige Entscheidung.

Manche Menschen sind nur Teil deines Lebens damit du dazulernst und ich habe dazugelernt.

Mit meiner ambulanten Therapie muss ich sagen bin ich im Großen und Ganzen ziemlich unzufrieden. Es gab kaum Stunden an denen ich dachte es hat mir außerordentlich weitergeholfen. Ich kann an einer Hand abzählen welche Stunden mir geholfen haben. Und das nach fast einen ¾ Jahr finde ich ziemlich ernüchternd.

Es liegt wahrscheinlich nicht ganz an der Therapie bzw. an der Therapeutin, es liegt wahrscheinlich auch viel an meiner Möglichkeit die ambulante Therapie für mich nutzen zu können. An meinem fehlenden Antrieb, meiner Motivation Theapie für mich zu tun und vielleicht auch daran, dass ich alles in der Therapie zu sehr hinterfrage.

Es tangiert mich eigentlich überhaupt nicht, dass ich nur noch 2 Sitzungen habe, ich gehe mit einem guten Gefühl, weil ich weiß, ambulant komme ich aktuell nicht weiter.

Stationär ist es ja geplant endlich mal direkt an meiner Borderline Erkrankung zu arbeiten, meine Mechanismen verstehen und auch lernen in einem sicherem Setting in dem ich eigentlich rund um die Uhr die Möglichkeit habe mir Hilfe bei der Umsetzung der Therapiemaßnahmen zu holen. Ambulant ist das ja kaum bis gar nicht möglich.

So kommt dann auch wieder einiges zusammen das ich kombinieren kann, Therapiemaßnahmen in der Klinik erlernen und mit meiner Betreuung im nachhinein in meinen Alltag integrieren. Früher bin ich so schnell nach der Klinik in meine alten Muster gerutscht, weil ich mir kein Netzwerk erarbeitet habe das mich gezielt unterstützen kann. Aber auch das habe ich mittlerweile geschafft.

Wenn ich mal überlege, dass ich schon mit 19 einen Burnout hatte und knapp 3 Jahre nicht mehr gearbeitet habe und meine Tage hauptsächlich von Panikattacken und kompensatorischen Verhaltensweisen wie ungesundem Essverhalten in beide Richtungen, mein damaliger Drogenkonsum und mein komplettes Rückzugsverhalten geprägt waren und ich der festen Überzeugung war niemals wieder arbeiten zu können, hat es sich doch recht gut entwickelt.

Ich bin Meister darin in schlechten Phasen meine gesamte Zukunft und meine gesamten Fortschritte und Ziele in Frage zu stellen und alles schwarz zu malen.

Mein Pseudo Burnout nach ein paar Tagen in der Arbeitstherapie mit Menschenkontakt hat mir da natürlich keine hoffnungsvollen Gedanken geschenkt. Aber nach und nach, vor allem auch wegen meiner Medikation die meine Stimmung stabilisiert geht es mir so viel besser. Ich meine, fast alle Probleme die ich habe sind Stimmungsabhängig.

Ich habe es wieder geschafft arbeiten zu gehen, ich arbeite sogar wieder an Zielen für meine berufliche Zukunft, was ich mir damals nie hätte erträumen können. Klar es gehören noch einige Schritte dazu und es wird sich in mancher Hinsicht etwas hinziehen, aber ich kann das mittlerweile gut aushalten, weil ich weiß, dass ich keine andere Wahl habe als im Bereich Arbeit geduldig zu sein. Ein zweiter Burnout mit jetzt 23 brauche ich nicht.

Auch wenn ich überlege wie selbstsicher ich geworden bin, wahrscheinlich aufgrund meiner kaum mehr schwankenden Stimmung. Wie Selbstsicher ich in Vorstellungsgespräche ich gehen konnte und wie selbstsicher ich mittlerweile auch an der Kasse arbeite mit kaum sozialphobischen Ängsten.

Das hätte ich mir damals nicht mal im Traum vorstellen können.

Im großen und ganzen kann ich sagen, dass ich mich an kein Jahr erinnern kann das mir so gut getan hat für meine Entwicklung. Alleine das ich in meiner Selbsthilfegruppe den Satz „ Ich blicke wieder Hoffnungsvoll in die Zukunft und es fühlt sich toll an“ sagen konnte und es tatsächlich so fühle macht mich Stolz und zeigt mir das ich irgendwas richtig gemacht haben muss.

Autor*in: Blue

Das wird ein Kampf, ein Kampf um meine Gesundheit, ein Kampf um eine glückliche Zukunft und ein zufriedenes Leben. Diesen Kampf kämpfe ich gerne... zumindest die meiste Zeit.

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