Gastbeitrag von: Melly

In einem vorherigen Beitrag habe ich schon einmal die Schwierigkeiten erwähnt, die in einer Selbsthilfegruppe entstehen, die generell in jeder Gruppe vorkommen können. So war es auch vorher in meiner Gruppe, bis sie sich was die Mitglieder anging völlig auflöste.

Nun ist sie neu entstanden und hält sich seit einigen Wochen hervorragend. Die Mitglieder bringen sehr viel Input mit. Heute haben zwei extra für die Gruppe gebacken und das finde ich wirklich toll.

Ein wenig Schatten darüber brachte ein Gruppenmitglied, weil es ihn nicht fröhlich machte, dass wir nicht alle seine Ratschläge annehmen und deshalb verließ er die Gruppe. Das ist zwar nicht erfreulich jedoch vermeidet es irgendwie Konfliktsituationen und auch wenn es mich ein wenig traurig macht, ist es nunmal so wie es ist. Dennoch ist die Gruppenkonstellation gut. Alle hören zu, sind gespannt welche Themen kommen, teilen sich mit, sind offen und ehrlich und selbst der schüchternste war heute der Scherzkeks in der Gruppe. Das muntert mich schon irgendwie auf. Ich bin froh nicht aufgegeben, die Gruppe neu gegründet und weitergemacht zu haben.

Es ist schon irgendwie merkwürdig und ironisch, wenn man absolute Angst hat sich Fremden zu öffnen, generell niemandem vertraut, aber in der Gruppe so viel von sich preisgibt, obwohl man die anderen nicht wirklich kennt. Irgendwie finde ich es beängstigend, aber es erleichtert mich auch in gewissermaßen.

Seitdem man mich dermaßen im Stich gelassen hat, schwanke ich hin und her. Entweder bin ich wie ein offenes Buch und rede über alles was ich denke, völlig egal wem gegenüber. Oder ich hülle mich in Schweigen. Ich habe angefangen mich den Personen, die mir wirklich nahestehen in Schweigen zu hüllen. Ich merke, dass sie satt sind von dem was war und von dem was noch kommt. Sie können nicht mehr, wollen ihre Ruhe. Das sagen sie alle, mir direkt. Ich kann es verstehen, absolut.

Wenn ich vom „offen sein“ spreche, meine ich nicht nur, dass ich verdammt offen mit meinen Depressionen umgehe und sage, dass ich sie habe… Ich meine offen, was meine komplette Gefühlswelt angeht. Ich weine wenn mir danach ist, lache wenn mir danach ist. Ich sage was ich fühle, verstecke nichts.. Mein Umfeld ist verwirrt wie ich merke. Klar, Spaßvogel Melanie ist nicht mehr immer präsent, plötzlich switcht sie von lustig zu traurig, äußerlich völlig ohne Vorwarnung. Meine Gefühle sind schließlich oft kaum kontrollierbar. Das soll heißen es ist nicht mehr so wie als ich noch ein Eisblock war. Man merkt es mir nicht an wenn man mich nicht kennt, aber es geht mir einfach oft miese.

Es hört sich verrückt an, aber ich habe einige Freunde, aber es sind Leute, nicht wirklich innige Freunde. Man geht viel zusammen feiern, sieht sich öfter, schreibt sich, lacht, chillt, albert rum. Aber die ernsten Dinge im Leben…., wäre ja langweilig. Die Person, die so falsch war, von der dachte ich sie wäre mir psychisch nahe, doch es war eine Lüge. Ich habe einen netten Jungen kennengelernt, der wirklich ein hohes ernstes Freundepotenzial hat, jedoch schwanke ich auch da zwischen Vertrauen und nicht Vertrauen. Es ist zum Haare ausreißen.

Alles meinem Freund erzählen reicht nicht, mit wem redet man denn über den Freund oder die Beziehung? 😀 Er ist sichtlich überfordert, denn es geht ihm selbst nicht gut. Nächsten Monat geht er in die Tagesklinik, es geht ihm schlecht. Er hat selbst viele Dämonen gegen die er ankämpfen muss. Ich bin ihm auch keine Hilfe derzeit. Die damals starke Melly ist nunmal fürs erste weg. Dass er dann weg ist, ist nicht nur wegen seiner Nicht-Präsenz schlecht, sondern auch, wegen meiner Schlafmethode. Ich habe seit einigen Monaten das Problem, dass ich urplötzlich einschlafe. Der Neurologe konnte Narkolepsie weitesgehend ausschließen, jedoch sagte er: „Einen Monat lang alles absagen und sofort schlafen gehen, sobald dir danach ist. Dein Körper ist so überlastet, dass du selbst in einem Gespräch mitten am hellichten Tag mit lauter Geräuschkulisse einschläfst.“ Mein Freund wollte für diese Zeit die Hundegassigänge von meinem Gassigehhund und meinem eigenen, sowie die Arbeit in der Apotheke übernehmen. Ausgerechnet an dem Tag wo er geht sollte ich mit der Schlafbehandlung beginnen, denn das Wochenende davor habe ich ein Schulseminar. Der Neurologe meinte, einen Monat lang durchgehend ohne Ausnahme. Nach einem Monat habe ich die Praktika für die Schule. Da einiges in der Ausbildungsplanung schief ging, weil zu dem Zeitpunkt meine einzige Cousine hier starb und mein Hund am Tag ihrer Beerdigung notoperiert werden musste, Komplikationen danach entstanden,  muss ich nun über 8000 Seiten lernen sowie mehrere Lernvideos schauen. Das allein ist schon viel, jetzt wo mein Freund weg ist, ich getrennt mit den Hunden gehen und zur Apo muss, wird das unmöglich, was es schon vorher fast war, und das mit dem Schlaf kann ich somit nicht machen. Der Arzt sagt,  mein Herz hört sich nicht gut an, mein Blutdruck zu hoch. Ich soll das mit dem Schlaf machen um nicht irgendwann einen Herzkasper zu bekommen. Es geht nun nicht. Mein Freund kann nichts dafür, der Arzt nicht, ich auch nicht. Niemand kann etwas für. Mein Freund merkt, dass dadurch nun alles den Bach runter geht, auch wenn ich es mir versuche nicht anmerken zu lassen, weil er sich schließlich auf die Therapie bald konzentrieren soll.

Heute ging es in der Selbsthilfegruppe um das Thema Gedankenkreisen, alias Grübeln, was krankhaft werden kann. Ich verbringe derzeit den halben Tag mit Grübeln, ist das schlecht? Ja. Ist es kontrollierbar? Nein. Will ich es ändern? Ja. Kann ich es ändern? Nein. Es ist wie die Wikipedia-Beschreibung bei Google schon sagt, ein Teufelskreis. Hinzu kommt, dass ich krank werde. Das liegt an meiner Nervenerkrankung, denn dadurch muss ich drei Mal wöchentlich zum Spritzen. Das bedeutet Wartezimmer unter vielen erkälteten Leuten. Jezt hat es mich erwischt und die Nase läuft schon, der Hals kratzt. Zum Geburtstag meiner Tante dem 70. werde ich krank sein, zum Bundestreffen und zu meinem Geburtstag, das macht mich wütend, denn der Schub kam, weil keiner sich die Zeit nehmen wollte, mir meine Medikamente vorbeizubringen.

Ich schwanke mit meinen Gedanken wie bereits erwähnt hin und her. Entscheiden kann ich mich noch nicht. Aber ich nehme mir die Freiheit es auch nicht zu müssen. Wieso auch? Ich war schon immer jemand, der gegen den Strom schwamm, wieso nicht weiter so? Die Gesellschaft ist merkwürdig, ich noch mehr. Sich die Freiheit zu nehmen, sich nicht zu entscheiden, ist ein Privileg, das ich mir einfach nehme.

 

Autor*in: Gastautor*in

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