Triggerwarnung: Im Folgenden wird es um einen Verkehrsunfall gehen. Wenn es dir damit nicht gut geht, lies diesen Text nicht allein.

Hey, ich habe lange nichts von mir hören lassen im Blog. Es ist so viel passiert. Vieles hat mit Selbsthilfe und Selbsthilfethemen zu tun. Das möchte ich nun teilen, obwohl es mir nciht einfach fällt. Beginnen wir am Anfang.

Kurz und Knapp:

Vor einem Jahr, Anfang Februar 2020 crasthen zwei Autos. In einem saß meine Mutter. Meine Emotionen crashten auch, verstecken sich, warfen sich hinteher.
Zu Allererst: Meine Mutter hat es überlebt, realtiv glimpflich sogar, Verletzungen werden wohl alle heilen.
Für mich nahm vielleicht dort mein Schlittern in eine Depression den Anfang. Ich schlitterte hinunter, ungewiss wie tief, schleichend und doch unkontrollierbar, ohnmächtig. Es benötigte ein ganzes halbes Jahr bis ich an einem „Unten“ ankam. Wahrhaben wollte ich eine Depression lange nicht. Aber ein halbes Jahr später fing ich an es zu realisieren und mir Hilfe zu holen.

Der Anfang – das Hineinschliddern

Ob der Unfall wirklich der Anfang war, kann ich schlecht rekonstruieren. Wenn er es nicht war, dann war er der große Brocken, der die Lawine unaufhaltsam lostrat.
Ja, stellt euch eine Lawine vor. Viele kleine Schneebrocken bilden eine gewalltige Welle. Den Auslöser, das erste rollende Stückchen Schnee, kann man nicht immer ausmachen. Doch es benötigt auf jedenfall eine Menge locker sitzenden Schnee. So war die erste Hälfte von 2020 und die letzten Monate von 2019 mein weicher Schnee, der sich ungesichert auftürmte.

Ende 2019 war der Tod unvermittelt präsent. Ein enges Familienmitglieds starb ohne Vorwarnung, was ich gefühlt verspätet erst mitbekam. Außerdem konnte ich nicht zu der Beerdigung. Mir wurden die 200km zwischen mir und meiner Heimat bewusst. Ich kam mir durch meinen Auszug und mein Studium abgekaspelt vor. Zusätzlich machte mir die im Januar anlaufende Prüfungsphase die Trauerverarbeitung sehr schwer. Schon hier begann ich Gefühle, die ich sonst sofort ausdrückte, wegzuschieben.

Die Prüfungsphase an der Uni ist für mich die stressigste Zeit überhaupt. Mein Kopf war vollgestopft mit Infos und drängenden Fristen.
Über meinen Lernmaterialien grübelnd, bekam ich einen Anruf: „Zuerst mach dir keine Sorgen. Deiner Mutter geht es gut.“ Und dann begann mein Vater zu erzählen von einem Unfall, einem Autounfall in den meine Mutter verwickelt war.  Dass meine Mutter nun auf der Intensivstation lag, berichtete er – und ich? Ich war hunderte Kilometer weg. Fassungslos hörte ich zu. Doch ich sperrte meine Gefühle weg, setzte mir der Fassung wegen eine Maske auf.

Zu allem Unglück kam dann noch Corona und schränkte das Leben ein. Auf einen Schlag fehlten mir alle meine Kraftquellen: Meine Selbstwirksamkeit durch Aktionen in der Selbsthilfe, meine Freunde fehlten mir. Geplante Treffen mit der Selbsthilfegruppe wurden abgesagt, auch ein großer Kongress zu Legasthenie und Dyskalkulie und ein Wiedersehen von weit entfernten Freunden. Mein Hobbys wie Tanzen, Laien-Theater, Gemeinsamer Sport. Alles Futsch. Doch das war mir nicht bewusst, dass mir das fehlte und es mir nicht gut damit ging.

Verantwortungsgefühl vs. eigene Verletzlichkeit

Während ich dachte: „Mir geht es doch gut.“ rutschte ich auf den Abgrund zu und merkte es nicht.

Mit einer Freundin erarbeitete ich mal ein inneres Bild von mir: Ein Wasserad, dass sich ständig dreht und allen anfallenden Schmutz, alle anfallenden Gefühle einmal aufnimmt, umdreht und wieder gehen lässt. Dieses Wasserrad machte mich emotional recht stabil. Denn ich bin ein emotionaler, optimistischer Mensch. Ich weinte immer, wenn mir danach war und lachte ausgiebig, wenn mir danach war. Ich hatte meine Hobbys, meine Arbeit für die Selbsthilfe (Thema Legasthenie und Dyskalkulie) und meine Freunde. Dort hab ich mir Hilfe geholt, meine negative Gedanken geteilt, sie ausgedrückt und wieder los gelassen. Bis vor einem Jahr.

Das Wasserrad stoppte. Zuviel Wasser floss zu schnell herunter, zu viel Dreck kam mit. Es verstopfte. Ich verstopfte meine Gefühle, verpackte sie tief in mir und konnte auf einmal nicht mehr weinen.

Aber mir kam das nicht komisch vor. Mir war das nur recht. Denn mich trieb die Sorge umher um meine Großeltern wegen Corona. Beim Besuch in der Heimat fand ich keine Ruhe, sondern eine traurige und überforderte Familie. Freunde und enge Vertraute waren besorgt, verloren ihren Tagesrhytmus, ihren Job und anderweitigen ihren Halt. Ich hatte äußerlich alles: Essen, Geld, was zu tun durch die Uni, einen Lebensgefährten im gemeinsamen Haushalt. „Mir muss es doch gut gehen.“

Heute ist mir klar ich wollte sie alle retten, für sie stark sein. Vielleicht das Erstemal in meinem Lebendachte ich „fürs Stark sein darf ich nicht schwach sein.“ Deshalb durfte ich nichts fühlen. Deshalb musste es mir gut gehen. Und so schlidderte ich hinab.

Nur der Anfang – Teil 1 einer Reihe

Aber ich habe mich wieder hochgearbeitet. Meine Depression hat mir auch einiges gelehrt.
Wie ich den Mut zusammen nahm mir professionelle Hilfe zu Suchen, wie ich trotz Depression ein Auslandssemester in Techechien machte, was meine Strategien waren – Das alles werde ich in weiteren Blogbeiträgen erzählen. Es wird eine kleine Reihe, eine Reise durch das letzte Jahr bis heute.

Man liest sich

Eure Buchstabenspielerin

Autor*in: Buchstabenspielerin

Mein Ventil ist das Buchstabenspiel. --- Wenn du Rechtschreibfehler findest, darfst du sie behalten ;). Ich konnte sie leider aufgrund meiner Legasthenie nicht alle einfangen. Was das ist? Informier dich! Mehr dazu in meinem Profil und in meinen Blogeinträgen.

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