3 Blumen am Wegrand, die ihren Schatten auf die angrenzende Straße werfen

Ich möchte Folgendes teilen, als Anregung für mehr Verständnis, für mehr Offenheit und vielleicht auch als Ermutigung und Inspiration.

Versteckt hinter einem Lächeln

Von meiner Depression wissen nur sehr wenige, vertraute Menschen. Nach außen hin ist mir meistens nichts oder nur wenig anzumerken.
Es sind die individuellen Lebenserfahrungen, die uns prägen, das eigene Temperament und die individuelle Persönlichkeit. Ich habe gelernt, mich nach außen hin sehr gut zu regulieren, Schwieriges mit mir selbst auszumachen, um mich nicht so verletzlich zu zeigen.
Ich funktionierte auf diese Weise wunderbar, lange Zeit, war angepasst – immer, überall, fröhlich lächelnd. Es war nicht wirklich eine Fassade, ich habe eben nur die fröhlichen, gern gesehenen Anteile nach außen gezeigt. Was ich nicht fühlen wollte, habe ich verdrängt. Über meine Ängste bin ich hinweggegangen, habe mich durchgezwungen.
Irgendwann fing es an mich immer mehr anzustrengen, ich fiel langsam in eine zunehmende Depression. Und auch diese schaffte ich noch lange zu verbergen, funktionierte zumindest den Arbeitsteil des Tages.

„Zwangspause” – If you can’t go outside, go inside.

Und dann kam Corona, versetzte mich in eine „Zwangspause“ durch Kurzarbeit Null, ließ mich gänzlich „auf mir selbst sitzen“.
Ich finde folgenden Spruch sehr passend: „If you can’t go outside, go inside.
Das passiert nicht immer nur freiwillig. Gerade diese Corona-Zeit ließ bzw. lässt Ablenkungen wegfallen, bringt ein Durcheinander in gewohnte Strukturen. Soziale Kontakte fallen weg, oder sind stark eingeschränkt, die Selbstwirksamkeit durch die Arbeit liegt mitunter auf Eis.
Man verbringt – so komisch das klingt – plötzlich mehr Zeit wirklich mit sich selbst, kommt mehr ins Nachdenken, mehr ins NachFÜHLEN. Und das kann gut und wichtig sein, aber auch sehr schmerzhaft und ganz schön schwer auszuhalten.
Ich habe lange Zeit „den Deckel draufgedrückt“ auf die Themen und Emotionen, mit denen ich mich nicht beschäftigen wollte, die ich lieber einfach vergessen wollte. Habe den „Deckel“ nur hin und wieder – getriggert durch den Alltag – ein klein wenig angehoben, um mich in verträglichen Dosen damit auseinanderzusetzen.
Doch diese ungeliebten Gefühle und Erinnerungen verschwinden in der Regel nicht einfach von selbst – sie wollen gesehen, beachtet und bearbeitet werden. Wenn dieser „Deckel“ stark angehoben wird, da der Alltagsstress pausiert und  plötzlich Raum und Zeit zur Verfügung stehen, dann kann es passieren, dass die Gefühle wie eine Welle über einem einbrechen. Das ist als würden sie sich denken „Klasse! Endlich Raum für mich!“ und sich auf der inneren „Bühne“ voll und ganz ausbreiten und austoben. Und das kann ganz schön überwältigend sein.

Depression in vielen Facetten

Eine gute Freundin hat neulich zu mir gesagt: „Jede/r hat sein bzw. ihr ganz individuelles Burnout.“ Genauso ist es auch bei einer Depression. Eine Depression kann sich in verschiedenen Facetten zeigen und auch wer schon mehrere Episoden oder Schweregrade erlebt hat, kann diese ganz unterschiedlich wahrnehmen. Sogar in ein und derselben Episode kann es eine bunte Symptomvielfalt geben. So geht’s jedenfalls mir. Es ist die reinste Gefühlsachterbahn und die Symptome wechseln teils schnell, lösen einander ab, oder treten gleichzeitig auf.
Mal steht die Spannung im Vordergrund und ich fühle mich wie unter Hochstrom stehend – zum Zerreißen gespannt, innerlich am Flattern, wie gefangen in einer nicht endenden unterschwelligen Panikattacke. Mal überwiegt eine überwältigende innere Traurigkeit und manchmal übermannt mich eine starre Leere, gepaart mit Antriebsschwierigkeiten.
All diese unangenehmen Gefühle und Zustände zu ertragen und zu versuchen damit einen möglichst guten Umgang zu finden ist schon schwer. Aber was mich am meisten nervt, ist dieser überraschende Wechsel und oft nicht zu wissen, warum das Befinden so rasant kippt. Es frustriert, wenn auch schöne Dinge plötzlich zu viel sein können und überreizen.

Depression als Botschaft und Weg sich besser kennenzulernen

So schmerzlich und schwer auszuhalten dieser Weg auch ist, ich habe dadurch schon viel über mich gelernt. Ich habe gelernt, die Depression anzunehmen statt zu bekämpfen, versuche zu verstehen, was sie mir sagen will: Was ich brauche, wo ich übertreibe und zu wenig gut für mich sorge, in und mit welchen Dingen ich einen anderen Umgang finden muss.
Klar gibt es Momente und Phasen, in denen die Verzweiflung vorherrscht und Hoffnung schwerfällt, Momente in denen es mir einfach so was von reicht und ich gerne wie durch Zauberhand von einem Augenblick auf den anderen glücklich wäre.
Doch im Endeffekt spüre ich, dass dieser Weg richtig und wichtig ist und ich bin neugierig auf mich: mich neu kennenzulernen, neu zu entdecken in meinen Persönlichkeitsanteilen, Bedürfnissen, Wünschen, Sehnsüchten und Lebenszielen. Und nicht mehr nur mit Blick auf meine Sonnenseiten, sondern im „Gesamtpaket“.
Darum geht es doch eigentlich, denke ich: Das Leben will richtig gelebt werden. Achtsam. Intensiv. Sinnerfüllt. Für mich bedeutet das Leben Entwicklung. Ich will weg vom Gedanken der Perfektion, weg vom Leistungsdruck, will das Leben entdecken, mit Freude, Neugier und Mut.
Ja, das wird vermutlich ein langer und teils anstrengender Weg. Aber ich glaube daran, dass es sich lohnen wird.

Autor*in: HighHopesInBlueSkys

Einen blauen Himmel voller Hoffnung – das ist das, was ich mir wünsche. Tatsächlich ist mein Himmel schon lange ziemlich wolkenbehangen. Depression, eine posttraumatische Belastungsstörung und resultierende Ängste und Sorgen verschleiern teils das lebensfrohe Blau. Doch in meinem Herzen bin ich eine Kämpferin. Ich glaube fest daran, dass hinter jedem großen Leid auch eine Chance steckt: eine Chance sich besser kennenzulernen, besser für sich sorgen zu lernen, die Qualitäten des Lebens neu schätzen zu lernen, Achtsamkeit zu üben, manches loszulassen und Neues für sich zu gewinnen. Diesen Weg will ich voller Mut und Hoffnung gehen, auf zu einem blaueren und sonnigeren Himmel, auch wenn es oft schwer fällt. Und das ist es auch, was ich von Herzen all jenen wünsche, denen es ähnlich geht: den eigenen, ganz individuellen und wertvollen Weg zu einem blaueren Himmel zu finden.

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