Kürzlich erzählte mir ein Bekannter eine Geschichte. Eine Geschichte, die ich so nicht oft gehört habe, obwohl ich es eigentlich müsste. 

Er erzählte mir mit Freudentränen in den Augen, wie er einst als Kind der Zeit begegnet sei. Geglänzt und gestrahlt soll sie haben. So hell, dass er kaum die Augen hat offen halten können. Und erst die prächtigen Gewänder die sie trug. Stoffe so edel und rein, dass selbst der reichste Mensch der Welt sie nicht hätte bezahlen können. Viele sollen es versucht haben, keinem soll es jemals gelungen sein, sagte er. Sie reichte ihm ihre Hand und diese eine Berührung weckte in ihm das intensivste Gefühl, das er bis dahin kannte und noch heute kennt. Mit keinem Rausch der Welt soll es zu vergleichen sein. Dieses eine Gefühl. Das Gefühl der absoluten und grenzenlosen Freiheit.

„Bloß nicht aufhören, erzähl mir mehr!“ Ich wollte unbedingt wissen, wie die Geschichte weitergeht. Mehr von diesem Geschmack kosten. Tiefer in die Erzählung eintauchen. „Was passierte dann? Hör bloß nicht auf? Wie geht es weiter?“

Seine Miene begann sich zu verfinstern. Sein Ton wurde ernster. Seine Sätze gebrochen. Die Worte gestammelt. Ich bekam es mit der Angst zutun.

Er begann zu sprechen. Er glaubt… ganz sicher schien er sich nicht zu sein, vor längerem erst der Zeit erneut begegnet zu sein. Schrecklich soll sie ausgesehen haben. Der Glanz, der ihn einst als Kind geblendet hatte, verblasst. Die edlen Stoffe die ihren Körper zierten, zerfetzt. Das Gesicht, abgemagert. Nein, nicht einfach nur abgemagert. Ein Schädel soll es gewesen sein. Ein Schädel, über den jemand eine dünne Haut gespannt hatte. 

“Was hast du getan?” wollte ich wissen. “Was hat sie gesagt?” fragte ich ihn.

“Ich weiß es nicht. Davongerannt bin ich.” sagte er. “Ich habe die Augen geschlossen, mich weggedreht und bin davongerannt. Es gab keinen anderen Ausweg. Dieser Anblick war einfach nicht zu ertragen.”

Ich wusste nicht, ob ich noch weiter zuhören wollte. Ich überwand mich und fragte ihn, ob er denn nicht den Wunsch besessen hat, sie wieder zu sehen?

“Ja!” sagte er. Nachdem er davongerannt war, besaß er fortwährend diesen einen Wunsch. Er wollte sie, er wollte die Zeit wiedersehen. Als er sich schließlich auf die Suche begab, die verlorene Zeit wiederzufinden, dauerte es nicht lange, bis sie wieder vor ihm stand. Im alten Glanz und in neuen, weitaus prächtigeren Gewändern.

“Was war passiert” fragte ich ihn, “wie kam es, dass du sie so schnell wiederfinden konntest?”

“Mir fiel auf, dass die Zeit und das Gefühl der absoluten und grenzenlosen Freiheit niemals verschwunden war. Es umgab mich seit meiner Geburt. Ich hatte lediglich verlernt, es zu fühlen” 

Ich wusste nicht was ich darauf antworten sollte. Ich fragte mich, warum er mir diese Geschichte erzählte. Ich fragte ihn, warum er mir diese Geschichte erzählte. Seine Antwort fiel knapp aus.

„Weil es deine Geschichte ist.“ sagte er.„ Weil es meine Geschichte ist?“ fragte ich.

„Ja, weil es meine Geschichte ist!“ rief ich.

Autor*in: Bossi

Ich möchte meine eigene Gruppe etwas anders angehen und die üblichen Runden einer Selbsthilfegruppe mit ein paar innovativen Methoden etwas beleben. Über eben diesen Einsatz von Methoden in der Selbsthilfe, meine Erfahrungen damit und meine persönliche Suchtgeschichte möchte ich im Blog berichten und mich darüber austauschen.

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