Ich besitze Gegenstände, die ich täglich benutze und über die ich nicht viel nachdenke. Ich besitze auch Gegenstände, die ich mir als Luxus gegönnt habe und auf deren Gebrauch ich mich besonders freue. Von den Gegenständen die ich mir aus einer Laune heraus gekauft und letzten Endes nicht wirklich benutzt habe, besitze ich auch eine ganze Menge.

Neben diesen Gegenständen besitze ich auch welche, an die ich zwar nicht häufig denke, die ich selten benutze und die sich nicht durch einen hohen materiellen Wert auszeichnen, die aber für mich eine ganz besondere Bedeutung haben, weil diese Gegenstände Teil einer, sogar Teil meiner Geschichte sind.

Als ich vor ca. einem Monat einen Blogbeitrag zum Thema Rückfall verfasst hatte, bin ich über einen solchen Gegenstand gestolpert, der mir unglaublich viel bedeutet, an den ich zwar schon lange nicht mehr gedacht habe, von dem ich aber immer weiß, wo er sich befindet.

Was auf den ersten Blick wie eine gewöhnliche Murmel aussieht – rund, farbig, mit schönen Einschlüssen – hat für mich einen hohen individuellen Wert.

Während meiner stationären Langzeitbehandlung hatte ich jede Woche ein bis zwei Einzelgespräche bei meinem Bezugstherapeuten. Dieser hatte als dekoratives Element im Büro eine Schale mit Murmeln stehen. Da ich eine etwas nervöse Neigung habe und ständig meine Hände beschäftigt halten muss, griff ich in die Schale und nahm mir fast immer, diese eine Murmel zum Spielen.

Als sich mein Langzeitaufenhalt in der stationären Einrichtung nach knapp 25 Wochen dem Ende neigte und ich ein letztes Mal im Raum meines Bezugstherapeuten saß und mich nach der Zeit in der Käseglocke so langsam auf die Welt draußen vorbereitete, bekam ich diese eine Murmel geschenkt. Zunächst sollte es nur ein Zeichen der Erinnerung an meine Zeit in der Einrichtung sein. Im Abschlussgespräch entwickelten wir dann das Konzept der Abstinenzmurmel. Ich sollte mir die Murmel an einem prominenten Platz in meinem Zimmer platzieren und immer wenn sich Suchtgedanken anschleichen, soll ich meinen Blick auf die Murmel richten und an die Zeit der Therapie und die gemeinsamen Gespräche mit ihm denken. Um das Ganze noch einmal um eine Schwierigkeitsstufe zu erhöhen, gab ich dem Therapeuten das Versprechen, dass ich ihm die Murmel zurückgebe, sofern ich rückfällig werden sollte, aber diese auch persönlich abholen werde, wenn sich meine Abstinenz stabilisiert hat.

Mittlerweise sind über sechs Jahre vergangen, seit dem Zeitpunkt, an dem ich die Murmel erhalten und das Versprechen gegeben habe. Bis zum heutigen Tag musste ich mein Versprechen, die Murmel zurückzugeben, nicht einlösen. Ich bin sehr stolz auf mich und meine Leistung. Ich weiß, dass es Phasen in meinem Leben geben wird, in denen ich kurz davor sein werde, mein Versprechen einlösen zu müssen, die Murmel zurückzugeben und gleichzeitig weiß ich, dass ich alles daran setzen werde, es nicht soweit kommen zu lassen. Selbst wenn es soweit kommen sollte, weiß ich genau, dass diese Murmel nur eine kurze Zeit nicht in meinem Besitz sein wird, da mir dieser Gegenstand so viel bedeutet und so eng mit meiner Abstinenz verflochten ist, dass ich eigentlich „nur“ abstinent sein muss, um diese wieder zu bekommen. Dass ich das kann, habe ich über sechs Jahre hinweg mir bewiesen und wenn der Fall eintreten sollte, werde es wieder sein!

Habt ihr ähnliche Gegenstände wie diesen? Gegenstände die für euch einen hohen ideellen Wert haben? Gegenstände die eine Geschichte haben oder sogar Teil eurer Geschichte sind? Lasst es mich in den Kommentaren wissen 😊

Autor*in: Bossi

Ich möchte meine eigene Gruppe etwas anders angehen und die üblichen Runden einer Selbsthilfegruppe mit ein paar innovativen Methoden etwas beleben. Über eben diesen Einsatz von Methoden in der Selbsthilfe, meine Erfahrungen damit und meine persönliche Suchtgeschichte möchte ich im Blog berichten und mich darüber austauschen.

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