Achtung: Ich bin über die Tage des Schreibprozesses lange dissoziiert und habe so auch unter anderem nicht mitbekommen, dass der andere Beitrag (Teil 1) bereits online ist.  Ich schreibe Teil 2 also aus meinen Erinnerungen, rückblickend.

Viel Fortschritt in wenig Zeit

Die Tage in Salzburg waren wirklich sehr schön. So sind Ari und ich an der Salzach entlang spaziert, durch den Mirabellengarten gelaufen und waren sogar einkaufen! Das alles war aber nur möglich, weil ich mich dort sicher fühlte. Ari und ihre Familie haben Verständnis für meine Lage, können nachvollziehen was ich sage und wissen manchmal sogar auf Anhieb was ich meine. Das sind Dinge, die mir in meinem direkten Umfeld sehr fehlen.
Erzählte ich in Deutschland von Flashbacks und diesem Gefühl, immer wachsam sein zu müssen, kamen Antworten die mir das Gefühl gaben, nicht ernst genommen zu werden. Wenn überhaupt Antworten kamen. Seitdem spreche ich hier nicht mehr über meine Symptome, wie es mir geht oder welche Bedürfnisse ich habe. Ich nehme alles so hin, stecke zurück und hoffe einfach, dass die Kraft für den Tag irgendwie reicht.

Kaum Dissoziationen

Was mir besonders im Kopf hängen geblieben ist:
Ich habe sehr Probleme mit Blaulicht, ist einer meiner Haupttrigger. Normalerweise meide ich Unfälle, Krankenhäuser und Straßen auf denen viel Blaulicht unterwegs sein könnte. In Österreich sind wir zu Aris Oma gefahren. Dort haben wir Sandsäcke befüllt, um das Haus wasserfest zu machen. Denn der Kanal der Gemeinde ist verstopft, weshalb sich das Wasser den Berg hoch staut. Auf dem Rückweg sind wir dann an einem Unfall vorbei gefahren. Ich erinnere mich nicht mehr, aber Ari hat erzählt, dass ich wohl völlig weg war. Aber: Es war kein Krampfanfall! 😀

Viele helfende Gespräche und Situationsveränderungen

Ari und ihre Mutter haben mir gezeigt, dass es Orte gibt, an denen ich sicher bin. Die beiden haben mir auch nochmal vor Augen geführt, wie wichtig ein liebevolles Umfeld mit möglichst wenig triggernden Umständen ist. Diese Ratschläge und Denkanstöße habe ich wieder mit nach Deutschland genommen.

Am kommenden Donnerstag habe ich einen Termin mit einer neuen Hundetrainerin, nachdem ich mit der Trainerin wo wir die ganze Zeit trainierten, menschlich nicht mehr zurecht komme. Ich brauche einen ruhigen Menschen, der versteht was es bedeutet, kaum noch hören und sehen zu können. Der ruhig reagiert wenn ich Panik bekomme und keine Sätze wie „Was ist denn jetzt schon wieder?“ fallen lässt. In solch einer Umgebung kann ich nicht trainieren. Mir macht das Angst, ich bin angespannt und verunsichert. Wie soll ich da mit meinem Hund arbeiten, wenn ich viel zu sehr damit beschäftigt bin, mich im Hier und Jetzt zu halten?
Versteht mich nicht falsch, diese Trainerin hat echt super Ideen und Ansätze, trainiert super mit den Hunden. Für mich stimmt einfach nur das menschliche nicht. Dabei habe ich knapp 1 Jahr lang versucht, an der Situation zu wachsen. Vergeblich, denn nun habe ich Angst vorm Hundetraining.

Ich bin dankbar

Denn ich habe es allein nach Salzburg und zurück geschafft. Ich konnte eigenständig verreisen und war auf keinen anderen Menschen angewiesen.
Ich durfte unfassbar tolle Menschen kennen lernen, die mich weitergebracht haben und verstehen können.
Meine Fellnase hat mir gezeigt, dass er auch mit Herzschrittmacher mein Assistenzhund sein kann und mag. Ohne Mücke würde ich nicht mal das Haus verlassen. Mit ihm überwinde ich sogar Ländergrenzen. Und noch viel wichtiger: Ich überwinde Blockaden im Kopf und Mauern aus Angst.

Fortschritt ist für mich schleichend und immer mit Hilfe verbunden. Das merke ich immer dann, wenn ich auf den Schritt den ich machte zurückblicke und mich fragen kann: Wow. Habe wirklich ich das geschafft?

 

Autor*in: Glückskind

Wie man aus dem persönlichen Horrorfilm 'ne Komödie macht? Man kippe Synästhesie, eine kPTBS, Queer* sein und ganz viel Glück in einen Topf. BOOM! Schau an, das Glückskind lebt!

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